Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 110, Nr. 15-16, 16.8.2020, (1507) und überwunden werden können, ohne die Wurzel zu de- stabilisieren oder zu perforieren [Saunders & Saunders, 1997; Selden, 1989] (Fallbeispiel 2). In der Ausbildung der Zahnmedizin gelang es, die Ergebnisse in der Endodontie zu verbessern [Arnold & Klimm, 2004; Rampado et al., 2004] (Abbildung 3). Während eine Lupen- brille den Studierenden beim Auffinden von Wurzelkanälen nicht half, konnten sie mit dem Mikroskop die besten Er- gebnisse erzielen [Yoshioka et al., 2002]. Die Nutzung der Lupenbrille in der endodontischen Ausbildung kann jedoch ein erster Schritt zur Verbesserung der Lehrinhalte sein und wird deshalb empfohlen [Brown, 2020]. Fallbeispiel 1 (Abbildung 1) Aufgrund einer fortbestehenden mikrobiellen Infektion wurde eine endodontische Revision am Zahn 26 erforder- lich. Unter vergrößerter Sicht mit einem Dentalmikroskop ließen sich drei in Einstifttechnik gefüllte Wurzelkanäle bei achtfacher Vergrößerung darstellen. Am Boden der Pulpa- kammer ist das Primärdentin von dem die Pulpakammer einengenden Sekundärdentin zu differenzieren, so dass un- behandelte endodontische Hohlräume gut erkannt werden können (Abbildung 1a). Im Verlauf des minimalinvasiven Abtrags von Sekundär- dentin mit Langschaftrosenbohrern in absteigender Größe 012 bis 005 gelingt es, den zweiten Anteil des mesio- bukkalen Wurzelkanalsystems (MB2) für eine mechanische Erweiterung, Reinigung und Desinfektion freizulegen (Ab- bildung 1b). Im Verlauf der Präparation des distobukkal teil- weise gefüllten Wurzelkanals wird die Diskrepanz zwischen bisher aufbereitetem Volumen und tatsächlicher Dimension des Wurzelkanalsystems deutlich. Die Fusion der disto- bukkalen mit der palatinalen Wurzel hinterließ ein lang- gestrecktes, bandförmiges Wurzelkanalsystem mit fibro- sierten und kalzifizierten nekrotischen Geweberesten (Abbildung 1c). Unter kontinuierlicher mikroskopischer Kontrolle erfolgte die mechanische Erweiterung mit rotierenden NiTi-Instru- menten, so dass eine Desinfektion und eine vollständige thermoplastische Wurzelkanalfüllung möglich wurden (Abbildungen 1d und 1e). Fallbeispiel 2 (Abbildung 2) Eine ehemals profunde Karies führte über mehrere Jahre zu einer degenerativen Pulpaerkrankung am Zahn 36. Röntge- nologisch ließ sich eine Obliteration der Pulpakammer und des mesialen Wurzelkanalsystems erkennen. Distal lag eine periapikale Aufhellung vor, die klinisch mit einer Fistel assoziiert war (Abbildung 2a). Unter absoluter Trockenlegung des Zahnes 36 mit Kofferdam erfolgte die Entfernung der Füllungsmaterialien. Im Verlauf der intrakoronalen Befundaufnahme und Diagnostik ließ sich bei 8- bis 16-facher Vergrößerung dunkel verfärbtes Dentin distal erkennen (Abbildung 2b). Innerhalb der Pulpakammer ließ sich ein dentinähnliches Hartgewebe zum Sekundärdentin differenzieren. Weichgewebige Ein- schlüsse am Rand ließen vermuten, dass es sich um eine reizgebundene Hartgewebeneubildung der Pulpa handelte (Abbildung 2c). Mit grazilen Rosenbohrern in absteigender Größe von ISO 012 bis 005 ließ sich das Hartgewebe sicher entfernen, so dass die mesialen Wurzelkanaleingänge für eine mechanische Erweiterung zugänglich waren (Abbil- dung 2d). Während sich mesial vitales Pulpagewebe erhalten konnte, lag distal eine Pulpanekrose vor. Als Folge der Reizdentin- bildung kam es auch in der distalen Wurzel zu einer Unter- teilung in drei Wurzelkanäle, die bei 16-facher Vergröße- rung substanzschonend erweitert, desinfiziert und gefüllt werden konnten (Abbildung 2e). Zwei Tage nach Abschluss der einzeitigen Therapie war die Fistel verschlossen und zum 6-Monats-Recall ließ sich bereits eine deutliche Verringerung der periapikalen Aufhellung nachweisen (Abbildungen 2f und 2g). DIE ENDODONTISCHE REVISION Im Verlauf der endodontischen Revision müssen unter- schiedlichste Füllungsmaterialien sicher und substanz- schonend entfernt werden, damit eine Desinfektion mikro- biell infizierten Dentins wirksam werden kann. In Abhängigkeit zur klinischen Erfahrung, zu den speziellen Hilfsmitteln und der genutzten Vergrößerung können die Ergebnisse mit dem Dentalmikroskop verbessert werden [Wu et al., 2011]. So gelingt es unter Sicht mit dem Mikro- skop, am Dentin anhaftendes Wurzelfüllungsmaterial besser zu entfernen [Baldassari-Cruz & Wilcox, 1999; de Mello et al., 2009]. Dazu können grazile Ultraschallansätze oder mikroabrasive Self-Adjusting-Files (SAF) genutzt werden. Foto: Michael Arnold Abb. 3: Student im Endodontie-Kurs der Universitätsklinik Dresden im 7. Semester in aufrechter Körperhaltung: Das Fehlen eines Schwenktubus erschwert den flexiblen Einsatz am Patienten. | 49

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