Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 110, Nr. 15-16, 16.8.2020, (1508) In der Vergangenheit ließen sich ohne optische Hilfsmittel Fragmente in durchschnittlich 60 Prozent der Fälle erfolg- reich entfernen [Hülsmann & Schinkel, 1999]. Zu den häu- figsten Komplikationen zählten die Stufenpräparation, die Perforation des Wurzeldentins und die Vertikalfraktur als Folge des zu starken Zahnhartsubstanzverlusts. Die erfolg- reiche Entfernung wurde angestrebt, konnte aber nicht zugesichert werden. Mit der Nutzung des Dentalmikroskops und der Ultraschalltechnik können Fragmente in über 90 Prozent der Fälle erfolgreich und minimalinvasiv ent- fernt werden [Suter et al., 2005; Cuje et al., 2010]. Neue Entfernungstechniken konnten erst durch den Einsatz des Dentalmikroskops entwickelt und genutzt werden. So müssen Fragmente nicht mehr zirkulär, sondern häufig nur noch entlang einer Seite imWurzelkanal mit Ultraschall frei präpariert werden, um sie luxieren und mit grazilen Draht- schlingen zwischen 0,1 und 0,3 mm entfernen zu können [Arnold, 2015]. Fallbeispiel 3 (Abbildung 4) Im Verlauf der Erweiterung eines stark gekrümmten Wurzel- kanalsystems kam es nach einer Vitalexstirpation am Zahn 47 zur Fraktur eines Wurzelkanalinstruments in apikaler Lage (Abbildung 4a). Unter Sicht mit dem Dentalmikroskop wurden die Wurzelkanäle bis ins apikale Wurzeldrittel mit NiTi-Feilen bis zum Fragment mechanisch erweitert. Nach einer ultraschallaktivierten Spülung und Desinfektion konnte das Fragment mit einer vorgebogenen Ultraschall- feile IrriK (VDW, München) in der Größe ISO 15 gelockert und entfernt werden, so dass eine vollständige Wurzelkanal- behandlung möglich wurde (Abbildungen 4b und 4c). NEUE TECHNIKEN UND INDIKATIONSERWEITERUNGEN Die Indikationsgrenzen für die Therapieverfahren konnten unter Anwendung des Dentalmikroskops zugunsten der Zahnerhaltung unter Anwendung weiterer neuer Hilfsmittel verändert werden [Carr & Murgel, 2010]. Pulpotomie beim Erwachsenen Wird im kariösen Dentin die Pulpa eröffnet, galt bislang die Pulpa bei abgeschlossenem Wurzelwachstum als verlorenes Organ und eine Vitalexstirpation wurde empfohlen [Klimm, 2003]. Auch die Eröffnungsfläche der Pulpa von mehr als Fallbeispiel 3: Zahn 37 mit Fragment in apikaler Lage Abb. 4a: Das Fragment (Pfeil) in apikaler Lage am Zahn 47 verhindert eine vollständige Reinigung, die Desinfektion und den adäquaten Verschluss des Wurzelkanalsystems. Abb. 4b: Nach Entfernung des 2,3 mm langen Fragments mit Ultra- schall erfolgt die Kontrolle auf Vollständigkeit der Instrumentenspitze. Abb. 4c: Erst nach Entfernung kann das komplexe Wurzelkanalsystem vollständig gefüllt werden. Fotos: Michael Arnold 4a 4c 4b 50 | ZAHNMEDIZIN

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