Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16
zm 110, Nr. 15-16, 16.8.2020, (1540) behandeln. Massive Überfüllungen erfordern einen größeren apparativen und chirurgischen Aufwand und lassen sich oft nur in Allgemeinanästhesie lösen. Die Piezosurgery, aber gegebenen- falls auch die Verwendung eines OP- Mikroskops, spielt bei der Kortikotomie und Nervmobilisation eine wichtige Rolle, um eine weitere Nervschädigung zu vermeiden [Alves et al., 2014; Bianchi et al., 2017; Byun et al., 2016]. Entscheidet sich der Patient gegen eine chirurgische Therapie, ist eine medika- mentöse Therapie mit Glukokortikoi- den und Antikonvulsiva zur Modulation der Parästhesien und zur Reduktion neuropathischer Schmerzen möglich [Fonseca et al., 2009]. Eine besondere Herausforderung bei der Behandlung von Komplikationen nach endodontischer Behandlung besteht insbesondere bei Patienten, die mit Antiresorptiva behandelt werden. Zu den bekanntesten Stoffgruppen zählen die Bisphosphonate, die zum Beispiel bei Osteoporose oder ossär metastasierenden Neoplasien ein- gesetzt werden. Während die nicht stickstoffhaltigen Bisphosphonate eine Apoptose der Osteoklasten indu- zieren, hemmen die stickstoffhaltigen Bisphosphonate über eine Enzym- inaktivierung die Knochenresorption durch die Osteoklasten. Das von der Patientin eingesetzte Medikament zur Behandlung ihrer Osteoporose zählt zur Gruppe der stickstoffhaltigen Bisphosphonate. Weltweit wurden in den Jahren 2005 bis 2009 mehr als 150 Millionen Verschreibungen für Bisphosphonate alleinig für die Behandlung von Osteo- porose ausgestellt [Abrahamsen, 2010; Moinzadeh et al., 2013]. Weitere Komplikationen in Form von systemischen Komplikationen be- schreiben Scully et. al in ihren Unter- suchungen. Der trigeminokardiale Reflex, der nach Reizung der sensiblen Äste des Nervus trigeminus durch peri- apikale Überinstrumentierung zu einem Abfall des mittleren arteriellen Blutdrucks und zum Abfall der Herz- frequenz um mehr als 20 Prozent führt, ist ebenso beschrieben worden wie die Bakteriämie und damit die Gefahr der Endokarditis [Filis et al., 2008; Scully et al., 2003]. Aber auch über bakterielle Infektionen des periapikalen Knochens oder von Endoimplantaten, wie zum Beispiel Herzklappen oder künstlichen Gelenken, ist berichtet worden [Scully et al., 2003]. \ FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Eine endodontische Behandlung ist bei richtiger Indikationstellung eine gute Alternative zur Extraktion. \ Die ausführliche Aufklärung des Patienten vor Behandlungsbeginn ist obligat. \ Bei der Behandlung ist auf die sorgfältige Arbeitslänge, die Präparation des Kanalsystems sowie die Druckapplikation bei der Spülung, aber auch bei der Obturation zu achten. \ Insbesondere die verwendete Menge des Sealers muss besonders kritisch hinterfragt werden. \ Bei Komplikationen ist eine sofortige Entfernung der Noxe anzustreben, gegebenenfalls durch eine Überweisung des Patienten an einen Spezialisten, der über die Wurzelspitzen- resektion hinaus auch die Dekompression des Mandibularkanals beherrscht. \ Der Patient sollte über die Risiken und Folgen zusätzlich informiert werden. Bei anhaltender Beschwerdesymptomatik ist eine konsiliarische Vorstellung auch in anderen Fachdisziplinen, unter anderem in der Neurologie, sinnvoll. Abb. 9: 3-D-Rekonstruktion postoperativ Alle Fotos: Dietmar Abel Abb. 10: Rekonstruktion des PSA aus dem 3-D-Datensatz Abb. 11: Klinische Situation 14 Tage (a) und 6 Wochen (b) postoperativ 11a 11b ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 82 | ZAHNMEDIZIN
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