Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 110, Nr. 17, 1.9.2020, (1576) 10 JAHRE AUB-KONZEPT Eine Blaupause für das ganze System Ältere und beeinträchtigte Menschen brauchen eine intensive und auf sie abgestimmte Versorgung, auch und gerade in der Zahnmedizin. Sie halten das für eine Selbstverständlichkeit? Damals stießen Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) mit ihrem neuen „AuB-Konzept“ in der Politik und bei den Krankenkassen auf großen Widerstand. Heute, zehn Jahre später, gilt das Papier als Blaupause für das gesamte Gesundheitssystem. Gleichwohl sind noch längst nicht alle Ziele erreicht. M it Unterzeichnung der UN-Behindertenrechts- konvention von 2009 verpflichtete sich die Bun- desrepublik, Menschen mit Pflegebedürftigkeit und Behinderungen eine ortsnahe gesundheitliche Versorgung von gleicher Qualität und gleichem Umfang zu garantieren wie für Menschen ohne Beeinträchtigungen. Für die Zahn- medizin der Anstoß, ein Konzept für eine bessere Versor- gung dieser Patienten zu entwickeln. Im Juni 2010 stellten KZBV und BZÄK zusammen mit der Wissenschaft ihr Kon- zept „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“ zur vertragszahnärztlichen Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen, kurz AuB-Konzept, vor. AuB steht dabei für „Alter und Behinderung“. Niederschlag im Sozialgesetzbuch (SGB) fand es aber erst Jahre später – nach viel politischer Überzeugungsarbeit seitens KZBV, BZÄK und den anderen beteiligten Verbänden. DER MUND WAR DAMALS TERRA INCOGNITA Zu dem Zeitpunkt, das muss man wissen, gab es in der GKV – aus heutiger Sicht unvorstellbar – für diese Patientengruppe weder therapeutische noch präventive zahnmedizinische Leistungen, geschweige denn entsprechende Betreuungs- modelle. Dass sie überhaupt zahnmedizinisch versorgt wurde, verdankte sie allein den vielen Zahnärzten und Zahnärztin- nen, die ehrenamtlich im Heim behandelten – in der Regel unentgeltlich oder allenfalls für einen Obolus. HINTERGRUND 2010 stellten die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) und die Arbeitsgemeinschaft für zahnärztliche Behindertenbehandlung im Berufsverband Deutscher Oralchirurgen (BDO) ihr gemeinsames Konzept „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“ vor. Das „AuB-Konzept“ widmete sich erstmals systematisch der zahnmedizinischen Versorgung von älteren Menschen, Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung – vulnerable Patientengruppen, die im Vergleich zur Gesamtbevölkerung meist eine schlechtere Mundgesundheit haben. Foto: zm–mg Zahnarzt Dr. Torsten Strenger aus Dortmund 2018 im Gespräch mit einer damals 98-jährigen dementen Patientin Foto: Lopata–Axentis Die Anfänge in der Politik: Rund 120 Gäste diskutierten auf einem Parlamentarischen Abend am 26. Oktober 2010 im Berliner Humboldt- Carré das von der Zahnärzteschaft erarbeitete AuB-Konzept (v.l.n.r.). Der harte Kern bestand aus Prof. Dr. Dietmar Oesterreich (BZÄK), Dr. Imke Kaschke (BDO), CDU-MdB Dr. Rolf Koschorrek, dem damaligen Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Hubert Hüppe, Prof. Dr. Ina Nitschke (DGAZ) und Dr. Wolfgang Eßer (KZBV). 14 | POLITIK

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