Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 110, Nr. 17, 1.9.2020, (1588) INTERVIEW MIT PROF. DR. ROLAND FRANKENBERGER „Großes Kompliment an die Studierenden!“ Warum ein weiteres „Corona-Semester“ im Fall einer zweiten Welle nicht mehr ohne Einbußen in der Qualität zu stemmen ist und wie essenziell die Patientenbehandlungen für das Zahnmedizinstudium sind, erklärt Prof. Dr. Roland Frankenberger. Laut Abweichungsverordnung zur zahnärztlichen Approbationsordnung ist der Einsatz von alternativen Lehr- und Prüfungsformaten möglich: Wie wirken diese sich auf das Studium aus? Prof. Roland Frankenberger: Zunächst einmal muss ich zugeben, dass wir in der deutschen Universitätszahnmedizin viel besser durch die Krise gekommen sind, als vorher von vielen (auch von mir) prognostiziert. Ich war wirklich skep- tisch, ob wir mit den angesprochenen Alternativformaten eine gute und nachhaltige Lehre gewährleisten können. In der Regel war das vergangene Sommersemester drei- geteilt: Am Anfang stand ein Block mit reiner Online-Lehre, gefolgt von praktischer Ausbildung am Phantom, wofür eine Vielzahl zusätzlicher Dummys (Puppen) beschafft wurde. Der Online-Lehr-Block hat technisch hervorragend funktio- niert und rein didaktisch hat er sich ebenfalls bewährt. An vielen Standorten wurden in der restlichen Zeit Lehrvideos und Tutorials gedreht, von denen wir noch jahrelang profitieren werden. Je nach lokaler epidemiologischer Lage wurden dann im dritten Abschnitt noch Patienten in den klinischen Kursen einbestellt – zusätzlich wurde das Semester erheblich in die vorlesungsfreie Zeit extendiert. Es ist breiter Konsens bei meinen Kollegen an den bundes- deutschen Zahnmedizin-Standorten, dass wir sehr gut dazu in der Lage sind, ein solches „Corona-Semester“ ohne nennenswerte Einbußen der Lehrqualität zu organisieren, auch und trotz der teilweise erheblichen Unterfinanzierung unserer Zahnkliniken. In diesem Fall war es mehr Berufs- ethik und Begeisterung der Lehrenden als wirklich gute finanzielle Unterstützung. Es ist aber ebenso Konsens, dass im Fall einer „zweiten Welle“ ein weiteres solches Semester nicht mehr ohne Ein- bußen in der Qualität zu stemmen sein wird, und damit auch nicht die Einhaltung des Zeitrahmens für das Studium. Bei vier Semestern klinischer Ausbildung ist es ein riesen- großer Unterschied, ob unsere Studierenden 25 Prozent oder 50 Prozent kompromittierte Semester erleben, für die vorklinischen Semester gilt das in ähnlichem Maße. Welche Herausforderungen bringt die schrittweise Wiederaufnahme des Unterrichts am Patienten? Zunächst einmal mussten an jedem Standort mit der Uni- versitätsleitung und dem Klinikum abgestimmte Hygiene- konzepte erarbeitet werden, etwa Ein- und Ausschleusungs- vorgänge aller Studierenden durch wissenschaftliche Mitarbeiter sowie Einlasskontrollen für die Patienten. Für unsere Mitarbeiter war das schon ein beträchtlicher Mehr- aufwand. Ansonsten wurde die Rückkehr zum Patientenbetrieb von beiden Seiten (Studierende/Patienten) mit großer Begeiste- rung aufgenommen. Es war auch vernünftig, nicht zu früh mit den Patientenbehandlungen zu beginnen, da viele unserer Kurspatienten anfangs noch wesentlich verunsicherter waren als etwas später im Semester. Den Studierenden muss ich ein großes Kompliment machen, da sie extrem diszipliniert waren und uns immer auch in den Fachschaften auf unserem Weg unterstützt haben. Außerdem haben wir von unseren Studierenden große Dankbarkeit erfahren, weil sie natürlich auch gemerkt haben, wie groß der zusätzliche organisatorische Aufwand an den Zahnkliniken war. Wie hoch war der Aufwand für die Fakultäten? Gerade der Beginn der Pandemie war geprägt von einer Vielzahl von Versammlungen, Taskforces, Abstimmungen zwischen den Standorten und Improvisation. Der MFT hat ja wöchentliche Videokonferenzen mit allen medizinischen und zahnmedizinischen Standorten organisiert, bei denen 26 | POLITIK

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