Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 110, Nr. 17, 1.9.2020, (1602) INTERVIEW MIT GEMATIK-GESCHÄFTSFÜHRER DR. MARKUS LEYCK DIEKEN „Die Zeiten der passiven Dienstbarkeit sind vorbei!“ Die gematik nimmt eine Schlüsselrolle beim Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI) ein. 2019 wurde die Gesell- schafterstruktur völlig neu aufgestellt. Seitdem hält das Bundesgesundheitsministerium 51 Prozent der Anteile. Zuletzt geriet die gematik wegen einer zweimonatigen Störung der Konnektoren in den Praxen in die Schlag- zeilen. Die zm sprachen mit gematik-Geschäftsführer Dr. med. Markus Leyck Dieken über die Störung, verloren- gegangenes Vertrauen und den Einfluss der Zahnärzte- schaft in der gematik. Sie sind seit mehr als einem Jahr Geschäftsführer der gematik. Einige Monate davon fallen in die Corona-Zeit. Welche Ihrer Pläne wurden durch die Pandemie ausgebremst? Dr. Markus Leyck Dieken : Keine. Die Corona-Pandemie gibt der Digitalisierung einen Schub. Sie hat gezeigt, dass digi- tale Angebote die Patientenversorgung für alle Beteiligten erleichtern können. Gäbe es schon heute das E-Rezept, hät- ten viele Menschen in der akuten Zeit keine Praxis aufsuchen müssen, um ihr Rezept entgegenzunehmen. Nicht zu- letzt diese Tatsache beflügelt uns. Doch schon in den Monaten vor Corona ha- ben wir unseren Modus Operandi um 180 Grad gedreht und übernehmen nun eine aktive Rolle. Die Zeiten der passiven Dienstbarkeit sind vorbei. Was heißt das genau? Die gematik hat ein neues Selbst- verständnis. Mit der Entwicklung des E-Rezepts werden wir erstmals ein pro- duktives Unternehmen. Wir sind damit nicht nur ein Konzepthaus, sondern müssen ein Konzept auch mit Leben füllen, um draußen zu überzeugen. Deshalb wenden wir uns heute sehr viel stärker nach außen. Unsere Mit- arbeiter suchen beispielsweise den Aus- tausch mit Vertretern von Fachgesell- schaften, Patientenvereinigungen, Zahnärzten und Ärzten. Zudem gehen sie zu Pilotprojekten hinaus ins Land. Sie sind im vergangenen Jahr angetreten, die TI in Deutschland voranzubringen. Wie soll das gelingen? Unser oberstes Ziel ist, Deutschland bei der digitalen Aufholjagd in Europa weit nach vorn zu bringen. Das gelingt uns, wenn wir unsere Aufgabe als ein ak- tiver Gestalter ausfüllen. Wir sind der Bereitsteller der digitalen nationalen Gesundheitsarena. Wir müssen nicht alle digitalen Produkte selbst anbieten, sondern dafür sorgen, dass möglichst viele in die Arena kommen – etwa dadurch, dass wir interoperable Stan- dards setzen. Die Aufholjagd wurde allerdings gestört, als bei rund 80.000 Konnektoren in deutschen Arzt- und Zahnarztpraxen wochenlang der Online-Versichertenstamm- datenabgleich nicht funktionierte. Was hat die gematik aus dieser TI-Störung gelernt? Wir haben viel aus der Störung gelernt und arbeiten mit Hochdruck daran, unsere Prozesse zu optimieren. So werden wir beispielsweise die Prozesse stärker ausbauen, die die Stabilität der TI sicherstellen. Zudem ermöglicht uns das Patientendaten-Schutz-Gesetz, mehr Maßnahmen zu ergreifen, um künftig die Verfügbarkeit von Diensten in der TI direkter überwachen zu kön- nen. Damit können wir bei Fehlern künftig schneller intervenieren. Dazu Fotos: S. Rudat 40 | POLITIK

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=