Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17
zm 110, Nr. 17, 1.9.2020, (1614) dass man wissen muss, ob die eigenen Augen noch gut funktionieren. Ein jährlicher Sehtest ist spätestens ab dem 40. Lebensjahr sinnvoll [Perrin et al., 2014; Eichenberger et al., 2015]. Es gibt sogar eine Studie, nach der man be- helfsmäßig mit einem 5-Dollar-Schein einen Schnell-Sehtest machen kann, der erstaunlich genau ist [Perrin et al., 2017]. Studien aus Bern zeigten bei zahnärztlichen Kollegen (n=136), dass die Selbsteinschätzung und das tat- sächliche Sehen in etwa einem Drittel der Fälle stark differierte: Ein Drittel der Kollegen meinte, gut bis sehr gut sehen zu können, zeigte aber bei einem validierten Nahsehtest eine unter- durchschnittliche Performance. In einer Studie von Koller wurde bei zwei kalibrierten Zahnärzten mit exzel- lentem Visus die Sehkraft durch soge- nannte „Okklusivfolien“ standardisiert in zwei Schritten verschlechtert, so dass sie normal- bis schlechtsichtig wurden. Es zeigte sich, dass sowohl für Schmelzkaries als auch für Dentin- karies die Genauigkeit der Diagnostik signifikant abnahm [Koller, 2017]. Dieses Ergebnis war zu erwarten, aber dass die Sensitivität für Dentinkaries in diesem Versuch unter 50 Prozent sank, lässt doch aufhorchen. VIEL HILFT VIEL – WIRKLICH? Vergrößerung Nun ist es so, dass es auch viele zahn- ärztliche Kollegen gibt, die sich der Probleme der Alterssichtigkeit bewusst sind und daher bewusst für sich den Entscheid getroffen haben, mit Lupe, Prismenlupe oder Mikroskop zu arbei- ten. Das ist unbedingt zu begrüßen, da man mit geeigneten Vergrößerungen „besser“ arbeitet [Eichenberger et al., 2018]. Besseres Detailsehen führt zu genauerem Arbeiten und insbesondere in der Endodontie kann man eine ver- besserte Prozess- und Ergebnisqualität erwarten [Perrin et al., 2017]. Die Herstellerangaben zu Vergrößerun- gen der Lupen sind nicht normiert. In einer Studie wurden von einem unab- hängigen Institut in definiertem Ab- stand durch die Lupen jeweils Fotos auf Millimeterpapier angefertigt und es fanden sich bedeutende Unterschiede in Bezug auf nominale und gemessene Vergrößerungen der Lupen [Neuhaus et al., 2013]. Auch die optische Qua- lität der Brillen auf dem Markt schien unterschiedlich zu sein. Für die visuelle Kariesdiagnostik können sich aber Probleme bei zu großen Ver- größerungen ergeben. Vergrößerungen mit dem Mikroskop erlauben mitunter eine direkte Sicht in verfärbte Fissuren oder Grübchen. In einer Studie mit 15 Untersuchern (je fünf Studenten, All- gemeinzahnärzte und Spezialisten) Sehvermögen und Selbsteinschätzung bei 136 Zahnärzten Abb. 4: Je größer die Blase, desto älter der Proband. Selbsteinschätzung 0 = sehr schlechtes Sehvermögen, Selbsteinschätzung 10 = hervorragendes Sehvermögen. Die «Normalsicht» liegt etwa bei einem Visus (Sehschärfe) von 1. (Originaldaten, unveröffentlicht) Quelle: Quelle: Klaus W. Neuhaus 0 2 4 6 8 10 <0.87 0.87 1.1 1.2 1.36 1.57 1.8 Selbsteinschätzung Sehschärfe 52 | ZAHNMEDIZIN
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