Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17
zm 110, Nr. 17, 1.9.2020, (1620) können. Insofern macht die Empfeh- lung Sinn, dass vor der visuellen Diagnostik durch den Zahnarzt die Zähne gereinigt werden müssen. So hat es sich vielfach eingebürgert, dass beim zahnärztlichen Recall die Zahnreinigung vorgängig durch die ZMP, PA oder DH vorgenommen und anschließend der Zahnarzt für die Kontrolle gerufen wird. Auf der anderen Seite ist ein Plaque- rasen auch in gewisser Weise relevant für die Diagnose. Es werden chronisch vernachlässigte Areale aufgezeigt, bei denen das Kariesrisiko erhöht ist. Eine maturierte, klebrige Plaque wird mit „aktiven“ Schmelzläsionen assoziiert und unterstützt die visuelle Bestim- mung der Läsionsaktivität [Nyvad et al., 1999]. Zudem ist ein weiteres Krite- rium für eine „aktive“ Schmelzkaries, dass die Oberfläche rau ist und matt scheint [Nyvad et al., 1999]. Vergröße- rungen erlauben ein besseres Erkennen der Oberflächentextur, so dass insbe- sondere im Zusammenspiel mit Licht- reflexen eine raue Oberfläche leichter von einer glatten unterschieden wer- den kann [Neuhaus et al., 2013]. Wer- den nun die Zahnoberflächen durch eine Schmelzpolitur im Rahmen einer Professionellen Zahnreinigung ab- schließend behandelt, geht der „Matt- glanz“ als diagnostisches Kriterium verloren. Ein klinisch sinnvoller Kom- promiss, der so auch in epidemio- logischen Studien praktiziert wurde, kann darin bestehen, dass man den Patienten vor der Inspektion sich selber die Zähne putzen lässt. Auf den Arealen, die ohnehin chronisch schlecht geputzt sind, wird dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit Plaque ver- bleiben. Die interdentale Reinigung muss dann eben, wenn nötig, der Zahnarzt selbst durchführen. FAZIT Es gibt viele Gründe, weshalb die Zahnmedizin von Vergrößerungshilfen profitieren kann. Die Kariesdiagnostik gehört bedingt auch dazu. Vergröße- rungen bis 2,5x erlauben älteren Zahn- ärzten, in etwa so gut zu sehen wie jüngere ohne Vergrößerungshilfe. Ver- größerungen ab circa 4,5x hingegen bergen das Risiko einer falsch positiven Diagnostik, also von Übertherapie. Zu- sätzliche Beleuchtung kann ab circa 20.000 lx zu einer Verschlechterung der visuellen Diagnostik führen, da die Kontraste zwischen Karies und Zahn abnehmen. \ Abb. 10: Durch zu starkes Licht verschwimmen die Kontraste und Karies wird schlechter erkannt. Fotos: Klaus W. Neuhaus Tab. 1: Sensitivität, Spezifität und AUC-Wert in der visuellen Kariesdiagnostik (Okklusalflächen) ohne oder mit zusätzlichen Stirnlampen (SL) mit schwacher, mittlerer und starker Leuchtkraft. AUC: „Area under the Receiver Operating Characteristics Curve“. Der AUC-Wert führt Sensitivität und Spezifität in einem Ausdruck zusammen und kann als Gesamtmaß der diagnostischen Güte betrachtet werden. Quelle: nach Daten aus Neuhaus et al., 2015 AUC-Wert in der visuellen Kariesdiagnostik ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. DI D3 Sens Spez AUC Sens Spez AUC OP-Lampe 0.84 0.78 0.81 0.73 0.86 0.8 Stirnlampe schw. 0.82 0.77 0.79 0.69 0.86 0.78 Stirnlampe mittel 0.78 0.92 0.85 0.71 0.86 0.79 Stirnlampe stark 0.76 0.88 0.82 0.59 0.87 0.73 58 | ZAHNMEDIZIN
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