Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17
zm 110, Nr. 17, 1.9.2020, (1626) FORTBILDUNG VERGRÖßERUNGSHILFEN IN DER ZAHNMEDIZIN Integration von Lupenbrillen und Dentalmikroskopen in die Praxis Michael Arnold So wünschenswert und zweifellos nützlich Vergrößerungshilfen in der Zahnmedizin sind – die Anwendung verändert in vielfacher Hinsicht die Arbeitsweise am Patienten. Während die Umstellung auf das Arbeiten mit der Lupenbrille vergleichsweise unkompliziert gelingt, weil gewohnte Arbeitsabfolgen erhalten bleiben, bedingt der Umstieg auf ein Dentalmikroskop einen erheblichen Aufwand – angefangen bei der Auswahl des Geräts und der Installation in der Praxis bis hin zur praktischen Einarbeitung mit dem Erlernen einer völlig neuen Hand-Auge-Koordination. U m einen Arbeitsbereich ver- größert sehen zu können, bietet sich zunächst das klassische Prinzip einer Brille an – zur Verstär- kung der Vergrößerung ergänzt um eine Lupenfunktion. Und so haben sich die ersten Bemühungen im Jahr 1886 durch Carl Wilhelm von Zehender, einen deutschen Ophtalmologen, auf die Entwicklung sogenannter Lupen- brillen konzentriert [Pastuszak et al., 2015]. Einen heute eher historischen Charakter haben in der Zahnmedizin Kopfband- lupen, da sie bei zu kurzem Arbeits- abstand zu einer frühzeitigen Ermü- dung führen. Ursachen sind hier vor allem die nicht hinreichende Schärfen- tiefe, Randunschärfen und Farbabwei- chungen. Diese Lupenart eignet sich nur für eine kurzfristige Nutzung zum Beispiel zur Bearbeitung von Werk- stücken in der Zahntechnik. LUPENBRILLEN Lupenbrillen gehören heute in vielen Zahnarztpraxen zur allgemeinen Grundausstattung und kommen nahe- zu bei allen Behandlungen zum Ein- satz. Für die Arbeit am Patienten stehen galileische oder keplersche Fernrohr-Lupensysteme zur Auswahl. Der Unterschied besteht im tech- nischen Aufbau. Bei einer galileischen Lupe kommen eine Sammellinse und eine Zerstreuungslinse zum Einsatz. Die kurze Distanz der beiden Linsen ermöglicht die leichte Bauart und ge- ringe Größe. Die Vergrößerungsleistung liegt etwa zwischen 2,3x und 3,5x. Eine Lupenbrille nach keplerscher Bau- art enthält zwei Sammellinsen mit einem größeren Abstand. Das Bild muss über Spiegel oder Prismen ge- dreht und gespiegelt werden, so dass das Gewicht und die Größe der Lupe zunehmen. Mit diesem Lupensystem können höhere Vergrößerungen bis zu 8x genutzt werden [Arnold & Hülsmann, 2019]. Galileische Lupenbrillen mit einem großen Sehfeld und geringem Eigen- gewicht sind mit der geringen Ver- größerung für den alltäglichen Einsatz in der Zahnmedizin geeignet. Die Um- stellung auf das Arbeiten mit dieser Vergrößerungshilfe fällt leicht, weil die gewohnten Arbeitsabfolgen und die großzügige Übersicht erhalten bleiben. Bevorzugt werden diese Lupenbrillen im Rahmen der Individualprophylaxe eingesetzt. Die nicht abgestützte und fehlende aufrechte Körperhaltung bei der häufig bevorzugten direkten Sicht kann jedoch zu den typischen Belas- tungsbeschwerden im Hals-Schulter- Bereich beitragen (Abbildung 1). Keplersche Lupen eignen sich mehr für minimalinvasive chirurgische und endodontische Eingriffe [Perrin et al., Foto: Christian Friedrichs Abb. 1: Anwendung einer galileischen Lupenbrille: Optische Achse und Sichtachse weichen nur geringfügig ab, so dass die Körperhaltung stark beansprucht wird. Foto: Christian Friedrichs Abb. 2: Mit der Kepler-Lupenbrille kann durch die erhöhte Vergrößerungsleistung der Arbeitsabstand erhöht und die Arbeitshaltung verbessert werden.
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