Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 110, Nr. 18, 16.9.2020, (1718) GEFÄLSCHTE UND UNECHTE BEWERTUNGEN Bundeskartellamt sieht Portalbetreiber in der Pflicht Das Bundeskartellamt hatte im Juni Nutzerbewertungen untersucht und mehr Verantwortung von den Portalbetreibern gefordert. Anschließend änderte jameda sein Prozedere – laut eigener Aussage aber nicht als Reaktion darauf. U nsere Ermittlungen zu Nutzerbewertungen im Inter- net zeigen vor allem eines: Portale und Plattformen müssen für die von ihnen dargestellten Bewertungen deutlich mehr Verantwortung übernehmen“, teilte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, im Juni mit. Dazu gehörten vor allem eine zielgenaue Filterung der abgegebenen Bewertungen und die Zulassung gekenn- zeichneter und damit für den Verbraucher erkennbarer Produkttests.“ „Viele Verbraucher vertrauen bei der Suche nach einem Produkt, einem Arzt oder einer Reise im Internet auf die Bewertungen anderer Nutzer“, führte Mundt aus. „Wenn die angezeigten Bewertungen aber gar nicht von echten Nutzern stammen, inhaltlich beeinflusst oder durch die Portale verzerrend gefiltert werden, können Verbraucher getäuscht werden und eine falsche Entscheidung treffen.“ EINE AUTOMATISCHE VORAB-PRÜFUNG REICHT NICHT AUS Das Bundeskartellamt hatte in seiner Sektoruntersuchung die Funktionsweise von Bewertungssystemen untersucht, die Interessenlagen der verschiedenen Marktteilnehmer analysiert, eine Kategorisierung der in der Praxis relevanten Problembereiche vorgenommen sowie sachgerechte Lösungs- ansätze formuliert. Die Untersuchung der Bewertungssysteme ergab große Unterschiede im Hinblick auf die Vorgehensweise der ver- schiedenen Portale bei der Erfassung, der Filterung und der Darstellung von Bewertungen. Nur einzelne Portale setzen spezifische Filter zur Identifizierung von gefälschten Bewertungen ein und sanktionieren diese auch systema- tisch. Die meisten nehmen hingegen nur eine automatische oder eine manuelle Vorab-Prüfung auf Schimpfworte, Werbung oder Datenschutzverstöße vor und beschränken sich auf die nachträgliche Überprüfung der als kritisch ge- meldeten Bewertungen, urteilt das Bundeskartellamt. Die Untersuchung zeigt laut Bundeskartellamt, dass zwar ein Großteil der Verbraucher Nutzerbewertungen lesen will, aber nur wenige selbst Bewertungen schreiben. Da das EMPFEHLUNGEN DES BUNDESKARTELLAMTS Das Bundeskartellamt kann nach Feststellung der identifizier- ten Probleme nur an die Portalbetreiber appellieren, da es in Deutschland keinen behördlichen Verbraucherschutz gibt. Es gibt folgende Empfehlungen: \ Für Bewertungen, bei denen das Produkt in Wahrheit gar nicht genutzt wurde, oder für inhaltlich beeinflusste Bewertungen sollten die Portale in die Pflicht genommen werden, damit solche Bewertungen unterbleiben. Dafür müssen spezifische Vorab-Prüfungen und Filter- technologien verwendet werden. Einzelne Portale führen solche Prüfungen bereits durch. \ Bewertungen werden zum Teil durch die kostenlose Überlassung eines Produkts für einen Test oder durch andere Anreize initiiert. Solche Bewertungen können in der Regel durchaus einen Nutzen für die Verbraucher haben, sie müssen aber insbesondere auf Handels- plattformen als solche gekennzeichnet sein, damit der Verbraucher die Bewertung richtig einordnen kann. \ Auf einigen Portalen führen die existierenden Bewertungs- systeme zu einer verzerrten Darstellung des tatsächlichen Meinungsbildes, etwa dadurch, dass die Abgabe einer positiven Bewertung für den Nutzer technisch deutlich ein- facher zu bewerkstelligen ist als eine negative Bewertung. Auch bei nachträglichen Überprüfungen von Bewertungen kann es zu Verzerrungen kommen, da mehr negative als positive Bewertungen aufgrund von entsprechenden Beschwerden überprüft und entfernt werden. Abhilfe könnten hier verbesserte Bedingungen für die Prüfung der Authentizität der Bewertungen schaffen. Foto: AdobeStock_vegefox Alle – auch kostenlos – bei jameda registrierten Ärzte erhalten seit Ende Juli eine E-Mail über den Eingang und den Inhalt einer neuen Patienten- bewertung, bevor diese veröffentlicht wird. Mit der pauschalen Rüge des Bundeskartellamts hat diese Änderung laut jameda aber nichts zu tun. 44 | POLITIK

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