Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 110, Nr. 19, 1.10.2020, (1820) AUFRUF ZUR TEILNAHME AN EINER UMFRAGE Seltene Erkrankungen mit orofazialer Beteiligung – Wie gehen Sie damit um? Jochen Jackowski Patienten mit Seltenen Erkrankungen erleben häufig einen Ärztemarathon und Fehldiagnosen, weil die entsprechenden Krankheitsbilder und Symptome in der täglichen klinischen Praxis nicht gegenwärtig sind. Eine Arbeitsgruppe des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Witten/Herdecke unter Leitung von Prof. Dr. Jochen Jackowski, der die BZÄK, die KZBV und die DGZMK in der Steuerungsgruppe des Nationalen Aktionsbündnisses für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) vertritt, hat eine Online-Umfrage zum Umgang von Zahnärzten mit Seltenen Erkrankungen konzipiert und bittet um rege Beteiligung. Die Daten der Umfrage sollen helfen, künftig bedarfsorientierter und zielgerichteter über Seltene Erkrankungen zu informieren. F ür Seltene Erkrankungen ist oft- mals die ausgeprägte Komplexität mit schwieriger Diagnostik, feh- lenden therapeutischen Optionen und chronischem Verlauf charakteristisch. In der Europäischen Union wird eine Erkrankung als „selten“ eingestuft, wenn weniger als einer von 2.000 Menschen betroffen ist [Regulation (EC) No 141/2000]. Vermutlich fallen EU-weit zwischen 27 und 37 Millionen Menschen unter diese Definition, in Deutschland trifft sie auf schätzungs- weise vier Millionen Patienten zu [NAMSE, 2013]. Ungefähr 15 Prozent der global rund 6.000 bis 8.000 bekannten Seltenen Erkrankungen zeigen Manifestationen im Zahn-, Mund-, Kiefer- und Gesichts- bereich [OMIM, 2020]. Mundschleim- hautveränderungen können auf den Beginn einer Seltenen Erkrankung (zum Beispiel beim Morbus Crohn) hinweisen, die Diagnose einer Seltenen Erkrankung (zum Beispiel bei der Sys- temischen Sklerodermie) untermauern oder auf ein Rezidiv einer Seltenen Erkrankung (zum Beispiel bei der Gra- nulomatose mit Polyangiitis, früher Wegener-Granulomatose oder Morbus Wegener) aufmerksam machen. Unter- suchungen von Toupeney et al. haben ergeben, dass Seltene Erkrankungen mit orofazialer Mitbeteiligung schein- bar häufiger zu einem früheren Zeit- punkt diagnostiziert werden als Seltene Erkrankungen ohne Einbeziehung des Kauorgans und/oder des Gesichts- bereichs [Toupeney et al., 2013]. Zu den (zahn)ärztlich anspruchsvollsten Aufgaben gehört, unbekannte Symp- tomkomplexe mit einer bestimmten Krankheit zu verbinden. Oft erleben Patienten mit Seltenen Erkrankungen einen Ärztemarathon und Fehldiagno- sen, weil diese Krankheitsbilder und Foto: Marcel Hanisch Veränderungen an der Mundschleimhaut: intraorale Blasenbildung bei der seltenen, genetisch bedingten Hauterkrankung Epidermolysis bullosa ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 38 | ZAHNMEDIZIN

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