Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 110, Nr. 19, 1.10.2020, (1826) KONSENSUS-EMPFEHLUNGEN ZUM MANAGEMENT FRÜHKINDLICHER KARIES Prävention und Behandlung auf Patienten- niveau Nichtinvasive Interventionen Empfehlung Aufgrund des allgemeinen Kariesrückganges und der damit einhergehenden Polarisierung des Kariesbefalls bei Kindern in vielen Ländern sollten zukünftige Maßnahmen der Karieskontrolle auf Kinder konzentriert werden, die bisher nicht ausreichend vom Kariesrückgang profitiert haben. Diese zeigen meist eine ungenügende häusliche Mundhygiene, eine hohe Kariesaktivität, multiple unversorgte kariöse Defekte und gehören häufig einer Schicht mit einem niedrigen sozioökonomischen Status an. Zur Karieskontrolle bei der Mehrheit der Kinder sollten die etablierten Programme, die zu dem bemerkenswerten Kariesrückgang der vergangenen Jahre geführt haben, aufrechterhalten werden. Aufgrund der Übergangsfunktion des Milchgebisses, der oft reduzierten Kooperation von kleinen Kindern, der meist multiplen und schweren Defekte bei frühkindlicher Karies und dem Wachstum beziehungsweise der Entwicklung der permanenten Dentition wird die Therapie nicht nur durch die Läsiontiefe beziehungsweise -aktivität oder die optimale Restauration, sondern auch durch übergeordnete Faktoren wie die Absicherung eines funktionalen Gebisses, die umgebenden Strukturen und Möglichkeiten, soziale, psychologische und finanzielle Parameter bestimmt. Primäres Ziel ist nicht die Restauration einer einzelnen Läsion, sondern die allgemeine Kariesaktivität zu kontrollieren und die gesamte orale Funktion und das Wohlbefinden zu stabilisieren. Dies kann beispielsweise auch zur Extraktion restaurationsfähiger Zähne aufgrund von übergeordneten Gründen führen. Bereits vor der Geburt und bis zum Durchbruch des ersten Zahnes sollten die Eltern über die Ursachen von frühkindlicher Karies und die Wichtigkeit der Kontrolle der Zuckeraufnahme bei ihrem Kind informiert werden. Sie sollten zu einer adäquaten Mundhygiene theoretisch, vor allem aber praktisch trainiert werden und diese bei ihrem Kind unterstützen, bis das Kind diese selbstständig ausreichend durch- führen kann. Kinderzähne sollten vom ersten Zahn an täglich mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta geputzt werden. Das Putzen sollte durch die Eltern oder Betreuungspersonen erfolgen. In Abwesenheit anderer relevanter Fluoridquellen, insbesondere fluoridiertem Trinkwasser, sollte die Zahnpaste ≥ 1.000 ppm Fluorid enthalten. Präventive hochkonzentrierte Fluoridlackapplikationen sollten bei Kindern, Gruppen oder Populationen mit erhöhtem Kariesrisiko/-prävalenz zwei- bis viermal pro Jahr appliziert werden. Für Kinder mit frühkindlicher Karies sollten Frequenz und Menge der Zuckerzufuhr durch Nahrung und Getränke reduziert werden. Nicht-kavitierte ECC-Läsionen sollten primär durch nicht-invasive Maßnahmen wie optimiertes häusliches Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta und zusätzliche Fluoridlackapplikationen therapiert werden. ECC-Dentinläsionen ohne pulpale Beteiligung können erfolgreich mit Silber(diamin)fluorid behandelt werden. Als Nebenwirkung verfärbt sich das kariöse Dentin schwarz. Der Einsatz von Komposit-Strip-Kronen und anderer konfektionierter Kronen sollten gegenüber direkten Füllungen (Glasionomere, Komposite und andere Materialien) bei Oberkieferfrontzähnen bei schwerer ECC, insbesondere in Vollnarkosebehand- lungen, bevorzugt werden. Evidenz- stärke moderat schwach moderat stark stark schwach moderat moderat schwach Zustimmung Zustimmung: 88 % neutral: 12 % Ablehnung: 0 % Median: 9 Zustimmung: 96 % neutral: 4 % Ablehnung: 0 % Median: 10 Zustimmung: 100 % neutral: 0 % Ablehnung: 0 % Median: 10 Zustimmung: 92 % neutral: 8 % Ablehnung: 0 % Median: 10 Zustimmung: 96 % neutral: 0 % Ablehnung: 4 % Median: 9 Zustimmung: 100 % neutral: 0 % Ablehnung: 0 % Median: 10 Zustimmung: 92 % neutral: 8 % Ablehnung: 0 % Median: 10 Zustimmung: 88 % neutral: 12 % Ablehnung: 0 % Median: 9 Zustimmung: 61 % neutral: 27 % Ablehnung: 12 % Median: 7 44 | ZAHNMEDIZIN

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