Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 110, Nr. 19, 1.10.2020, (1834) DER BESONDERE FALL MIT CME Destruierende Kiefergelenksankylose – Gelenkersatz mit Oberkieferverlagerung Daniel Thiem, Elisabeth Goetze, Monika Bjelopavlovic, Bilal Al-Nawas, Peer W. Kämmerer Traumabedingte Deformationen der Kiefergelenke können nicht selten zu massiven Einschränkungen der Lebens- qualität der betroffenen Patienten führen. Im beschriebenen Fall ging es soweit, dass der Patient erst nach einem bilateralen Kiefergelenksersatz und einer Umstellung von Ober- und Unterkiefer wieder im Liegen schlafen konnte. I m August 2019 stellte sich ein 37-jähriger Patient in der ambu- lanten Sprechstunde der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz nach Über- weisung durch seinen Hauszahnarzt und der Bitte um Therapieübernahme bei notwendiger Zahnsanierung vor. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine ausgedehnte Sanierungs- bedürftigkeit der Zähne bei skelettaler Klasse II mit 7 mm Distalbisslage und einer mit 1 cm maximalen Schneide- kantendistanz (SKD-max.) stark ein- geschränkten Mundöffnung (Abbil- dung 1). Nebenbefundlich litt der auf Unterarmgehstützen angewiesene Patient bei einem Körpergewicht von 120 kg und einer Körpergröße von 170 cm an einer Adipositas per magna (BMI > 40), belastungsabhängiger Dyspnoe und einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom bei verkleinertem posteriorem „airway space“, was den Patienten zum Schlafen in aufrechter Position zwang. Aus der Krankengeschichte des Patien- ten ergab sich eine im Jahr 2009 durchgeführte Operation mit costo- chondralem Kiefergelenksersatz rechts aufgrund einer fortgeschrittenen Kiefergelenksarthrose infolge eines Sturzereignisses mit beidseitig unbe- handelter Collumfraktur im Kindes- alter. Eine noch am Tag der Erstvorstel- lung durchgeführte DVT-Untersuchung zur Beurteilung der Kiefergelenke bei ausgeprägter Unterkieferhypomobilität bestätigte die Verdachtsdiagnose einer Kiefergelenksankylose Typ IV rechts und Typ III links nach Sawhney [Sawhney, 1986] beziehungsweise Wilkes Typ V [Wilkes, 1989] beidseits (Abbildung 2). Aufgrund der fehlenden Dringlichkeit zur dentalen Sanierung und der Kom- plexität des Krankheitsbildes erfolgte die Wiedervorstellung des Patienten zur Planung und Erstellung eines inter- disziplinären Behandlungskonzepts, das ohne Möglichkeit einer kiefer- orthopädischen Vor- oder Nach- behandlung aufgrund des geringen Restzahnbestands aus einem kiefer- chirurgisch-prothetischen Therapie- ansatz bestand. Grundpfeiler der Therapieplanung und Durchführung bildeten der beidseitige alloplastische Kiefergelenksersatz mittels Patienten- individueller Implantate mit gleich- zeitiger Unter- und Oberkiefervorver- lagerung sowie die Anfertigung einer DR. DR. DANIEL G. E. THIEM Weiterbildungsassistent Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat a b1 52 | ZAHNMEDIZIN

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