Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 110, Nr. 19, 1.10.2020, (1835) Ober- und einer Unterkieferprothese nach Extraktion der nicht erhaltungs- würdigen Zähne nach dem Ampel- system der DGZMK im Sinne des synoptischen Behandlungskonzepts als 3-D-virtuelles „backward planning“. Dabei diente die prothetische Interims- versorgung sowohl der intraoperati- ven, Splint-gestützten Verschlüsselung der Zielokklusion als auch der post- operativen Okklusionssicherung. Die Planung und laborseitige Herstellung der Zahnprothese erfolgte ausschließ- lich auf Basis der 3-D-gedruckten Patientenmodelle, da eine suffiziente intraorale Abformung aufgrund der stark eingeschränkten Mundöffnung nicht möglich war (Abbildung 3). Nach Extraktion der nicht erhaltungs- würdigen Zähne 17, 16, 12–27, 36, 46 und 47 und Eingliederung der präformierten Ober- und Unterkiefer- Intermediatprothese folgte die Ober- kieferosteotomie in der Le-Fort-I-Ebene mit Neuausrichtung und Osteo- synthese unter Verwendung eines CAD/CAM-gefertigten Okklusions- Zwischensplints. Ein zeitgleich ge- hobener und als Interpositionsosteo- plastik eingebrachter kortikospongiöser Knochenspan vom Beckenkamm diente zur Vergrößerung der knöchernen Anlagerungsfläche nach Oberkiefer- vorverlagerung (Abbildung 4). Die anschließende Darstellung des rechten Kiefergelenks erfolgte über die Exten- sion des präaurikulären Zugangs ent- lang der vorbestehenden Narbe nach retromandibulär, die Darstellung des linken Kiefergelenks über einen nach parietal extendierten präaurikulären und zusätzlich retromandibulären Zugang. Danach erfolgte die beidseitige Ab- tragung der Ankylosemasse und die Resektion der deformierten Kiefer- gelenke mit modellierender Glättung der Jochbogenunterseite zur Schaffung einer Anlagefläche für die anschließend eingebrachten Fossakomponenten (Zimmer Biomet Holdings, Warsaw, Indiana, USA) (Abbildung 5). Nach Eingliederung der Unterkiefer-Inter- mediatprothese sowie des Zielokklu- sionssplints konnten die patientenspe- zifischen Kiefergelenk-Endoprothesen (Zimmer Biomet Holdings, Warsaw, Indiana, USA) (Abbildung 6) problemlos eingebracht und mit Osteosynthese- schrauben am ortsständigen Unterkiefer fixiert werden. Der postoperative Verlauf gestaltete sich unauffällig, so dass der Patient nach zehn Tagen in die Häuslichkeit und die ambulante Nachsorge ent- lassen werden konnte. Nach initialer Beübung der Kieferbewegung ab der dritten postoperativen Woche mittels Spateltechnik wurde ab der sechsten Woche die Mundöffnung forciert unter Einsatz des TheraBite Systems ® (Atos Medical GmbH, Troisdorf, Deutschland) trainiert. Angewendet wurde die Mundöffnungsapparatur entsprechend dem vom Hersteller empfohlenen Übungsprogramm „7–7–7“, bestehend aus einer sieben- mal täglichen Anwendung mit sieben Dehnungen für jeweils sieben Se- kunden. Im Lauf der ersten sechs postoperativen Monate konnte die Mundöffnung auf 4,2 cm SKD-max. gesteigert werden. Des Weiteren ergab sich eine Gewichtsabnahme von 20 kg Körpergewicht und eine deutliche Verbesserung des Allgemein- zustands (Abbildung 7). Auf Nachfrage beschrieb der Patient einen deutlichen Rückgang der Schlafapnoe-bedingten Tagesmüdigkeit – und dass er nun endlich wieder im Liegen schlafen könne. DR. ELISABETH GOETZE Fachärztin Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen Glückstr. 11, 91054 Erlangen Foto: privat Abb. 1: Klinische Situation bei Erstvorstellung mit Darstellung der kariös zerstörten Oberkiefer-Frontzähne von frontal (a) und des front- offenen Schlussbisses bei protrudierter Oberkieferfront (b1 und b2) sowie der Unterkieferrücklage in rechts-lateraler Porträtaufnahme (c) Fotos: Daniel Thiem CME AUF ZM-ONLINE Kiefergelenksankylose Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME- Punkte der BZÄK/ DGZMK. b2 c | 53

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