Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 110, Nr. 19, 1.10.2020, (1866) Schon jetzt steht das 2. Datenschutz-Anpassungsgesetz mächtig in der Kritik. Auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber, rügt die neue Rechtsprechung: Das neue Gesetz ver- mittle den Eindruck, dass kleine Unternehmen nun weniger Pflichten beim Datenschutz unterliegen. Das sei aber nicht der Fall. Tatsächlich sei zu erwarten, dass entsprechende Betriebe bald mehr und höhere Bußgelder zahlen müssen, wenn sie auf die Unterstützung eines Datenschutzbeauftrag- ten verzichten. NEIN, KLEINE FIRMEN HABEN NICHT WENIGER PFLICHTEN Befasst man sich ein wenig genauer mit dem Thema, kann man die Meinung von Herrn Kelber nur teilen. Politik und Presse veröffentlichten Artikel, die mit Über- schriften wie „Bund lockert Datenschutz für kleine Betriebe“ für das neue Gesetz werben. Leider sind diese Aussagen falsch, es wurde lediglich die Personengrenze zur Benen- nung eines Datenschutzbeauftragten von 10 Mitarbeiter auf 20 Mitarbeiter angehoben. Alle anderen Gesetze gelten un- verändert: Die Pflichtdokumentation muss weiterhin jeder Betrieb und jedes Unternehmen erfüllen, egal ob man einen Mitarbeiter hat oder 1.000. Diese Bürokratie und der damit verbundene Arbeitsaufwand ist für die Ein-Behandler-Praxis ohne einen (externen) Datenschutzbeauftragten kaum zu stemmen. Im Jahr 2019 kam es allein in Deutschland zu Bußgeldern in Höhe von circa 25,5 Millionen Euro. Viele dieser Strafen stellen Präzedenzfälle dar und machen klar, wie das Gesetz auszulegen ist. Es sind sozusagen die ersten Flankierungen und das „Zeigen von Zähnen“. An dieser Stelle ein Beispiel: Der BfDI hat den Telekommu- nikationsdienstleister „1&1 Telecom GmbH“ mit einer Geldbuße in Höhe von 9,5 Millionen Euro belegt. Das Unternehmen hatte keine hinreichenden technisch-organi- satorischen Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass Unberechtigte bei der telefonischen Kundenbetreuung Aus- künfte zu Kundendaten erhalten können. In dem Fall hatte der BfDI erfahren, dass Anrufer bei der Kundenbetreuung allein schon durch Angabe des Namens und Geburtsdatums eines Kunden weitreichende Informationen zu seinen wei- teren personenbezogenen Daten erhalten konnten. Diese Strafe hatte weitreichende Folgen für alle Unternehmen in Deutschland, besonders jedoch für die Arzt- und Zahnarzt- praxen. SIE MÜSSEN DIE DATEN IHRER PATIENTEN SCHÜTZEN Gibt eine Praxis am Telefon personenbezogene Daten jeg- licher Art heraus, muss vorher eine eindeutige Identifikation erfolgen. Dabei reicht die Abfrage des Geburtsdatums oder der Adresse nicht aus. Die Praxis sollte zur Identifikation stattdessen die Patientennummer oder die Versicherten- nummer abfragen, um datenschutzrechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Fazit Durch Urteile ändert sich regelmäßig die Auslegung der Rechtslage im Datenschutz. Besonders bei den Medien wird hierbei aber nicht immer sorgfältig auf die Richtigkeit von Quellen und Aussagen geachtet. Die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in der Neufassung gelten weiterhin für jedes Unternehmen in Deutschland. Die Mitarbeiterzahl spielt hierbei keinerlei Rolle! Alle Pflicht- dokumente müssen vorhanden sein. Für deren Erstellung kann das Hinzuziehen eines externen Datenschutzbeauf- tragten sehr sinnvoll sein. Dann sind Sie auf der sicheren Seite. Letztlich ist das aber eine Kosten-Nutzen-Abwägung, die jeder Praxisinhaber selbst anstellen muss. Aber eins steht fest: Es wird das Jahrzehnt der Daten. Das kann ich Ihnen versprechen. \ In diesem Sinne ... Ihr Christian Henrici zusammen mit Nico Frings, Mitglied im Praxisflüsterer-Team Henrici@opti-hc.de, www.opti-hc.de CHRISTIAN HENRICI – DER PRAXISFLÜSTERER Mit der Erfahrung aus mehr als 3.200 umfassenden zahnärztlichen deutschlandweiten Mandaten in knapp fünfzehn Jahren beantwortet der Praxisexperte und Haupt- gesellschafter der „OPTI health consulting GmbH“ Fragen von Mandanten und Lesern zum Unternehmen Zahnarztpraxis. Der Einblick in seinen „Praxis“-Alltag soll Lösungs- ansätze aufzeigen, um Problemen in der Praxis so früh wie möglich begegnen zu können. Oder besser – um diese gar nicht erst entstehen zu lassen. 84 | PRAXIS

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