Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 110, Nr. 20, 16.10.2020, (1930) Anamnestische Checkliste zur Erfragung der Ursache symmetrischer Hypoplasien und Aplasien nach Entstehungszeit und Form Zeitpunkt/Ursache Perinatale Entstehung Perinatale Hypoxie von den Wehen bis Abschluss der Geburt Frühgeburt mit Apnoe, Hypoxie, respiratorischem Distress-Syndrom oder nekrotisierender Enterokolitis Postnatale Entstehung Säuglingsdyspepsie Fieberhaft Infekte in den ersten Tagen bis zu 6 Wochen Neonatale Pneumonie Ikterus Sepsis Hypoglykämie Tetanie Vitamin-D-Mangel Hypothyreose Parathyreoidismus Frühkindliche Entstehung Fieberhafte Infekte vom 3. bis zum 6. Lebensmonat Infekte ab drei Tagen Fieber vom 7. bis zum 12. Lebensmonat Fieberhafte Infekte und operative Eingriffe im 1. und im 2. Lebensjahr Fieberhafte Infekte und operative Eingriffe im 3. und im 4. Lebensjahr Tab. 3, Quelle: ergänzt nach [Gängler, 2010] Formen Schmelz-Hypoplasien mit opak weißen Flecken an den Höckern der 1. Molaren Dentin-Hypoplasien unerkannt Schmelz-Hypoplasien mit opak weißen Flecken und horizontalen Grübchen und Linien, mitunter Höckerverlust Dentin-Hypoplasien unerkannt Opak weiße Flecken an den Höckern der 1. Molaren und an den Inzisalkanten der mittleren Inzisivi Dentin-Hypoplasien unerkannt Schmelz-Hypoplasien im oberen Drittel der Molaren, der mittleren Inzisivi und an den Spitzen der Canini Dentin-Hypoplasien unerkannt Schmelz-Hypoplasien im mittleren Kronen- drittel der Molaren und Inzisivi Schmelz-Aplasien mit freiliegenden Dentin-Hypoplasien Schmelz-Hypoplasien und -Aplasien an Molaren, Inzisivi und Canini sowie an den Höckerspitzen der Prämolaren Aplasien mit freiliegenden Dentin- Hypoplasien Fallzahl bei. Die weltweite Zahl der neu Erkrankten wurde für 2016 auf 16,0 Millionen Menschen geschätzt; hierbei verzeichneten Länder in Süd- asien, Südostasien und im östlichen Afrika südlich der Sahara die höchsten Zahlen. Wachsende Länder wie Indien, die Vereinigten Staaten, China, Pakis- tan oder Indonesien rangierten bei der Zahl der neu Erkrankten ebenso weit vorn. Prävalenz und Inzidenz unterschieden sich nicht signifikant zwischen weib- lichen und männlichen Personen und auch räumliche, soziale, ökologische oder wirtschaftliche Faktoren waren nicht assoziiert mit der Prävalenz und Inzidenz. Hingegen wurden signifikante Unterschiede zwischen Studien, die die EAPD-Falldefinition verwendeten, und jenen, die eine andere Definition verwendeten, ausgemacht; dies liegt vermutlich daran, dass die EAPD-Fall- definition auch atypische Restauratio- nen und fehlende Zähne einschließt. Ungefähr 27,4 Prozent (23,5 – 31,7 Prozent) der MIH-Fälle (also jeder vierte Patient mit MIH, überschlagsweise also 12,9 Prozent * 27,4 Prozent = 3,5 Pro- zent) weisen Behandlungsbedarfe auf; diese Zahl deckt sich demnach mit der Größenordnung der in der DMS V als behandlungsbedürftig identifizierten Fälle. Weltweit leiden demnach über 200 Millionen Menschen an MIH und jedes Jahr kommen über vier Millionen neue Fälle hinzu. Eine zeitliche Dynamik ist bisher aus diesen Daten nur schwer abzulesen (unter anderem wegen der metho- dischen Heterogenität); einen klaren Trend zu „mehr“ Hypomineralisatio- nen oder Hypoplasien kann man nicht ausmachen. Gespannt wird demnach auf die Sechste Deutsche Mundgesund- heitsstudie gewartet, bei der diese Er- krankungsformen bei Kindern erneut in den Blick genommen werden: Hier lassen sich dann auch im zeitlichen Verlauf zwischen 2014 (Erhebungszeit- punkt DMS V) und 2022 (Erhebungs- zeitpunkt DMS VI) robuste Aussagen zur Morbiditätsdynamik treffen. \ ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. PROF. DR. FALK SCHWENDICKE, MDPH Leiter der Abteilung für Zahnärztliche Diagnostik, Digitale Zahnheilkunde und Versorgungsforschung Centrum 3 für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Charité – Universitätsmedizin Berlin Aßmannshauser Str. 4–6, 14197 Berlin Foto: privat 36 | ZAHNMEDIZIN

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