Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 110, Nr. 20, 16.10.2020, (1938) in die Folgejahre verschoben. Wie sehen Sie das? Zahnärzte mit einer langjährig laufen- den Praxis fangen das aus meiner Sicht auf. Wenn eine junge Zahnärztin oder ein junger Zahnarzt erst im vergange- nen Herbst seine Praxis eröffnet hat, dann hat sie oder er natürlich noch nicht die Vergleichszahlen. Wen das betrifft, der muss an seine KZV heran- treten und es muss eine Lösung gefun- den werden. Mir ist aber signalisiert worden, dass dort die Bereitschaft zur Hilfe durchaus besteht. Denn dort wird Selbstverwaltung gelebt und es werden Lösungen gefunden. Bei mir sind jedenfalls keine Beschwerden von Zahnärztinnen und Zahnärzten einge- gangen. Dies ist für uns durchaus ein Gradmesser. Im Kabinettsentwurf zum Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) ist nun geplant, die in der COVID-19-Versorgungsstrukturen- Schutzverordnung vorgesehene Liquiditätshilfe ins SGB V zu überführen. Reicht eine bloße Überführung der Verordnung ins Gesetz? Warum gibt es hier keine rechtssystematische Einheitlichkeit mit der Ärzteschaft? Ich weiß jetzt nicht, wie Sie rechts- systematische Einheitlichkeit definie- ren. Jeder Fall ist unterschiedlich zu beurteilen. Wichtig ist doch, dass Zahnärzten geholfen wird. Und bei Zahnärzten geschieht das ja nicht nur durch diese SGB V-Regelung. Sondern auch andere Maßnahmen – wie das Kurzarbeitergeld – haben Zahnärzten zur Verfügung gestanden und stehen zur Verfügung. Diese sind auch in Anspruch genommen worden. Daher wird man schauen müssen, ob noch weitere Korrekturen erforderlich sind. Mir wird in meinem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern berichtet, dass das nicht nötig sein wird, sondern sich übers Jahr ausgleichen wird. Das kann natürlich erst nach dem letzten Quartal, das gerade erst angefangen hat, bewertet werden. Aber das ist ja nur der Fall, wenn das Infektionsgeschehen auf einem niedrigen Niveau bleibt. So wie es aber derzeit aussieht, stehen wir am Anfang der zweiten Welle. Die Gefahr, dass es wieder zu massiven Einbrüchen bei den Fallzahlen – sei es flächendeckend oder regional – kommen kann, wächst damit doch deutlich? Wir haben doch im Moment überall Gefahren in der Versorgung. Da haben die Zahnärzte keine Exklusivstellung. Aber ich darf an die Worte des Bundes- gesundheitsministers erinnern, zu denen ich auch nach wie vor stehe: Wenn wir eine zweite Welle bekom- men und andere Probleme auftreten, als wir sie jetzt kennen, dann müssen wir uns dieser Situation noch einmal annehmen und uns der Problematik stellen. Wenn die SPD in einer frühen Phase der Pandemie nicht davon überzeugt werden konnte, den Schutzschirm auch auf Zahnärzte auszudehnen, so wäre es bei einem verstärkten Infektionsgeschehen denkbar, dass wir uns dem noch einmal annehmen. Im Augenblick ist das nach meiner Wahr- nehmung nicht erforderlich. Aber das kann sich natürlich jederzeit ändern. Ich hoffe, dass der von Ihnen genannte Fall nicht eintritt. Die Corona-Pandemie hat die Praxen finanziell teilweise hart getroffen. Drei von vier hatten Kurzarbeit angemeldet. Die Einbrüche im PKV-Bereich waren ebenfalls vielerorts dramatisch. Nachholeffekte gibt es bei Zahn- ärzten anders als bei anderen Facharztgruppen kaum zu verzeichnen. Gibt es „Lessons Learned“ seitens der Politik, um erneute Einbrüchezu verhindern? Letztendlich entscheidet immer der Patient, ob er in die Praxis geht oder nicht. Und der Arzt entscheidet, ob er die Praxis öffnet oder nicht. Mir wird signalisiert, dass die Umsatzanteile bei der GKV und der PKV aktuell so sind, wie sie vor der Pandemie waren. Andere Umsatzzahlen liegen mir nicht vor. Die Bewältigung der Krise ist für alle Berufe im Gesundheitswesen ein dynamischer Prozess. Wenn eine Dynamik in der Belastung festgestellt wird, dann muss das auch zu einer Dynamik in der Hilfestellung führen. Sehen Sie die Gefahr, dass die Auswirkungen der Corona- Pandemie zum einen viele junge Zahnärztinnen und Zahnärzte von einer Niederlassung abhalten könnten und zum anderen viele ältere Zahnärztinnen und Zahn- ärzte dazu bewegen könnten, ihre Praxen früher aufzugeben als geplant? Das kann ich schlicht nicht beurteilen. Da wird es sicherlich solche Fälle geben, aber ich hoffe, das sind nur Einzelfälle. Aber wenn sich eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt entscheidet aufzuhören, wäre die Entscheidung sowieso über kurz oder lang angefallen. Klar ist, wir müssen an den zahnmedizinischen Fa- kultäten intensiv ausbilden. Wir haben zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpom- mern in Rostock und Greifswald zwei zahnmedizinische Fakultäten. Dadurch sind wir in der Lage, den Bedarf, den wir in unserem Bundesland haben, abzudecken. Aus meiner Sicht scheint mir eine Zahnarztpraxis im ländlichen Bereich durchaus attraktiv zu sein. Im Augenblick kann ich jungen Zahn- ärztinnen und Zahnärzten daher nur den Hinweis geben, dass die Einkom- menssituation im ländlichen Bereich zumindest nicht schlechter ist als im urbanen Bereich, wo man mit vielen MVZ und Fachpraxen konkurriert. Welche Aspekte der zahnärztlichen Versorgung sehen Sie als zahn- ärztlicher Berichterstatter im Bundestagsgesundheitsausschuss durch die Corona-Pandemie in den Hintergrund gerückt? Stichwort Prävention. Wir wollen noch ein zweites Präven- tionsgesetz auf den Weg bringen. Das Gesetzgebungsverfahren ist durch die Corona-Belastungen erstmal nach hinten gerückt. Ob dieses Vorhaben in dieser Legislaturperiode noch umgesetzt werden kann, hängt davon ab, ob die laufenden Gesetzgebungsverfahren wie geplant vorankommen. Das muss man dann bewerten, wenn die Umsetzung der angesprochenen Gesetzgebungs- verfahren eingeordnet werden kann. Klar ist, das Vorhaben soll umgesetzt werden. Wenn nicht mehr in dieser Legislatur, dann in der kommenden. Herr Monstadt, wir bedanken uns für das Gespräch. Das Gespräch führte Sascha Rudat. 44 | POLITIK

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