Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
sei es aber „nach den vorgelegten Unterlagen dem Verlag Georg Thieme [...] nicht mehr zuzumuten, das Sammelwerk unter der Herausgeberschaft des Herrn Dr. Misch weiter zu verlegen“ 24 . Die folgende Auseinandersetzung auf höchster ministerieller Ebene verdeutlicht die außergewöhnliche Bedeutung, die dieser Fachzeitschrift zugemessen wurde. Mischs wichtigste Argumente waren das Ansehen der deutschen Zahnmedizin im Ausland sowie mögliche Deviseneinahmen. In einem Schreiben des Reichsministers für Wissenschaft und Volksbildung an den Reichswirt- schaftsminister vom 12. Mai 1936 heißt es abschließend, es sein „nach nochmaliger Rückfrage bei Herrn Dr. Stuck“ (dem „Reichszahnärzteführer“) für ein Wiedererscheinen der wissenschaftlichen Zeitschrift „Fortschritte der Zahnheil- kunde“ unter der Herausgeberschaft des Dr. Misch, „nicht das geringste Bedürfnis vorhanden. [...] Meiner Ansicht nach würde die Inkonsequenz, die in der Betrauung eines Juden mit der Herausgabe einer wissenschaftlichen Zeit- schrift liegt, im Ausland einen Schaden anrichten, der durch den Eingang von Devisen keinesfalls aufgehoben würde“. 25 1937 gelang es dem Ehepaar , den 19-jährigen Sohn Hans- Horst in die Schweiz zu schicken. Julius und Hertha blieben in Berlin. 1941 mussten sie in ihrer Wohnung andere jüdische Berliner beherbergen, im Oktober wurden sie in das Ghetto Litzmannstadt im besetzten Polen deportiert. Dort starb Julius Misch vermutlich am 24.4.1942, seine Frau Hertha wurde kurze Zeit später nach Kulmhof deportiert und dort ermordet. 26 Hans-Horst Misch schloss in der Schweiz ein Studium der Staatswissenschaften ab und kehrte nach Kriegsende nach Deutschland zurück. In einem langen – aus heutiger Sicht entwürdigenden – Wiedergutmachungs- verfahren musste er belegen, dass seine Eltern vor ihrer Deportation am 29. Oktober 1941 die Praxiseinrichtung nicht vielleicht doch veräußert haben könnten. 27 Misch bleibt als einer der Begründer der sozialen Zahnheil- kunde, als Vorkämpfer für die zahnärztliche Promotion an medizinischen Fakultäten sowie als Herausgeber von Fachzeitschriften und Lehrbüchern in Erinnerung. Dabei wirkte er an keiner Universität, sondern übte seine berufs- politischen und publizistischen Tätigkeiten neben der Arbeit in der Praxis aus. \ ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 24 BA R 4901/14005; 25 BA R 4901/14005; 26 Holler, 2009, S. 139–140; 27 LA Berlin B_Rep 025/05 Nr. 5_WGA 1855/59. Wir liefern Ihnen Qualität! Unsere Serie 5 besteht aus ca. 300 kg Aluminium und nur 35 kg Kunststoffteilen Aluminium Core Behandlungseinheiten von ANCAR Lassen Sie uns das finden, wonach Sie suchen Wir streben nach praktischen, funktionellen und langlebigen Lösungen. www.ancar-online.com GESELLSCHAFT | 83
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