Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21
zm 110, Nr. 21, 1.11.2020, (2022) ZAHNMEDIZIN NICHT NUR EIN ZAHN! Zum Beitrag „Die klinisch-ethische Falldiskussion: ‚Herr Doktor, der Zahn muss raus!‘ – Patientenwunsch versus Expertise“, zm 20/2020, S. 46–50. Da ich selbst bereits zweimal mit der heiklen Thematik und der unangenehmen Situation konfrontiert war, den von Schmerzen geplagten und aufgebrachten Patienten von der Erhaltungs- würdigkeit und -fähigkeit eines Zahns zu überzeugen, und mich gegen seinen Willen, den Zahn zu extrahieren, für den Erhalt entschieden habe, habe ich diesen Artikel mit großem Interesse gelesen. Glücklich darüber, dass dieses wichtige Thema so gründlich und detailliert besprochen und von allen Seiten beleuchtet wird, hoffe ich, dass die Wichtigkeit eines jeden Zahns für uns Zahnärzte so präsent wird, dass wir dies auch dem Patienten gegenüber einfacher kommunizieren können. Der Zahn ist nicht aufgrund seiner Größe und der versteckten Lage minder wichtig als ein Finger oder ein anderes Körper- glied. Oder sollten etwa in Zukunft Amputationen auf Patienten- wunsch durchgeführt werden, um allein der Patientenautonomie gerecht zu werden? Daher sollte man auch hier nicht gegen die ethisch-medizinischen Grundsätze handeln. Erst recht nicht, bei einem durch starke Schmerzen aufgebrachten Patienten, der forensisch gesehen (vom fachlichen Wissen ganz abgesehen) gar nicht in der Lage ist, eine richtige Entscheidung zu treffen. Und die Aussage vom Kollegen Dr. Kroth, dass sich je nach Kultur die moralischen Normen diesbezüglich unterscheiden, sollten wir in unserer globalisierten und digitalisierten Welt vielleicht hinterfragen und zu EINEM zahnmedizinischen Konsens finden. A. Parish, Berlin EVIDENZBASIERTE MEDIZIN WO WENIG IST, KANN WENIG KOMMENTIERT WERDEN Zum Beitrag „Kritik an der Stellungnahme des EbM-Netzwerks zu COVID-19-Strategien: Die Krux mit der Evidenz“, zm 19/2020, S. 22, und zum Editorial „Wo ist die Evidenz?“, zm 19/2020, S. 3. Das Netzwerk EbM hat in seiner Stellungnahme die wichtigsten Aspekte der Covid-19-Pandemie nach der Evidenz der getroffenen Maßnahmen untersucht und wenig Evidenz gefunden. Dies deckt sich mit den Publikationen der WHO, die verschiedene nicht-pharmazeutische Maßnahmen und deren Evidenz im Zusammenhang mit der Influenza listet und wenig bis keine Evidenz dazu findet, obwohl die Infektions- erkrankung ja schon viele Jahre bekannt ist. Somit erklärt sich auch die relative Kürze der Abhandlung der Evidenzexperten, denn wo wenig ist, lässt sich auch nicht viel kommentieren. Die zum Vergleich herangezogene Leitlinie der DGZMK zu Aerosolen bei der zahnärztlichen Behandlung umfasst zwar 36 Seiten, bei genauerer Betrachtung jedoch nehmen Prä- liminarien und Anhänge etlichen Raum ein, der Kerninhalt findet sich zum Teil auf nur halb bedruckten Seiten. Wer selber nur mal auf die Suche nach der Evidenz zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz geht und womöglich die sogenannten Alltagsmasken mit einbezieht, findet sehr widersprüchliche Daten. Dass allerdings auch die Studien dazu bei genauer Betrachtung nicht immer das halten, was die Überschrift verspricht, zeigt Frau Prof. Ines Kappstein in einem jüngst publizierten Übersichtsartikel (Ines Kappstein: Mund-Nasen- Schutz in der Öffentlichkeit: Keine Hinweise für eine Wirk- samkeit; Krankenhaushygiene up2date 2020; 15: 279–295). Dass die kritische Stellungnahme eines Schwergewichts wie des Netzwerks EbM bei verschiedenen Personen zu Irritationen führt, ist nachvollziehbar. In Zeiten, wo Begriffe wie „positive Tests“, „Infektion“ und „Erkrankung“ in vielen Medien, in der Öffentlichkeit, aber zum Teil sogar in der Fachwelt munter durcheinander geschmissen werden, erscheint mir eine neutrale wissenschaftliche Analyse als sehr geboten. Dass die Anzahl der bedruckten Seiten nicht unbedingt direkt proportional zum Inhalt steht, haben wir alle irgendwann mal in der Schule lernen dürfen. Dr. Frank Potthast, Havixbeck Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinn-wahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Behrenstraße 42, 10117 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. 12 | LESERFORUM
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