Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 110, Nr. 21, 1.11.2020, (2032) N immt Deutschland bei der Zahngesundheit von zwölf- jährigen Kindern weltweit eine Spitzenposition ein, geht diese Führung bei den Erwachsenen wieder verloren: Bei den 35- bis 44-Jährigen belegte Deutschland nur Platz sechs in einem Vergleich mit zehn europäischen Ländern, den USA und Australien. „Das war für uns der Anlass nach Wegen zu suchen, wie wir das Wissen um Vor- beugung und einfache vorbeugende Maßnahmen an Erwachsene herantra- gen könnten. Und da war schnell klar, dass wir ein niedrigschwelliges Ange- bot am Arbeitsplatz testen müssen“, schildert Prof. Stefan Zimmer, Leiter der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin an der Universität Witten/Herdecke, den Hin- tergrund. Er verantwortet die Studie; die Zahnärzte Filiz und Enis Su unter- stützten ihn dabei. Den Mitarbeitenden eines Tierfutter- herstellers – eines Betriebs mit Arbeits- plätzen in Büro und Produktion – wurde zunächst ein Lehrvideo zur Zahnpflege gezeigt. Außerdem wurde ihnen die Wirkung von zuckerfreiem Kaugummi und einer Mundspüllösung erklärt, die Fluorid und einen Wirkstoff gegen Mikroben enthielt. Diese Produkte wurden den Probanden für den Zeit- raum eines Jahres zur Verfügung gestellt. WENIGER BELÄGE UND BESSERES ZAHNFLEISCH Vor Beginn dieser Anwendung erhoben die Forscher die drei Mundhygiene- Indizes Papillen-Blutungsindex (PBI), modifizierter Approximal-Plaque-Index (mAPI) sowie Sondierungstiefenmes- sungen (STM). Von den 144 in die Pilotstudie eingeschlossenen Proban- den konnten 85 nach einem Jahr nachuntersucht werden. Alle drei Indizes zeigten nach einem Jahr eine deutliche Verbesserung. Der entsprechende Summenscore verbes- serte sich von 10,68 (1,93) auf 9,97 (1,60) (p<0,05) (Details siehe Kasten). „Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, dass solche betrieblichen Vorbeugungs- programme eine gute Wirkung erzie- len“, erläutert Zimmer die Ergebnisse. „Wir konnten zeigen, dass die Proban- den weniger Zahnfleischbluten hatten, weniger Zahnbeläge aufwiesen und das Zahnfleisch auch deutlich besser am Zahn abschloss“, fasst er das Ergebnis zusammen. Mit der Pilotstudie wollten die Autoren die Machbarkeit der Implementierung eines niedrigschwelligen zahnmedizi- nischen Präventionsprogramms in einem Unternehmen prüfen und gleichzeitig erste Daten zu dessen Wirksamkeit generieren. Die gewonne- nen Erkenntnisse sollen als Grundlage für eine Anschlussstudie mit mehr Pro- banden und längerer Laufzeit dienen. Fazit für die Praxis ! Zahnmedizinische Präventions- programme am Arbeitsplatz STATEMENT VON PROF. DIETMAR OESTERREICH EIN WEITERER BEITRAG ZUR PRÄVENTION „Die orale Prävention ist sehr erfolgreich. Die zahnmedizinische Gruppenprophy- laxe als lebensweltenbezogene Maßnahme ist bei Kindern und Jugendlichen das reichweitenstärkste Präventionsprogramm in Deutschland. Dennoch gibt es noch zahlreiche Handlungsfelder – die zahnmedizinische betriebliche Prävention ist eines davon. Sie ist national und international noch wenig entwickelt. Hier setzt die Studie der Universität Witten/Herdecke an. Das Forum Zahn- und Mundgesundheit Deutschland unterstützt den Forschungs- ansatz und bringt im Hinblick auf die Präventionsgesetzgebung die Zahnmedizin mit ein. Ziel des Forums ist es, die Mundgesundheit im Rahmen der von der Bundesregierung entwickelten nationalen Präventionsstrategie zu verankern. Die BZÄK ist Mitglied des Forums und leistet damit einen weiteren Beitrag zur Weiterentwicklung der zahnmedizinischen Prävention.“ Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Foto: Adobe Stock_lexkich STUDIE DER UNIVERSITÄT WITTEN/HERDECKE Betriebliches Präventionsprogramm verbessert die Mundgesundheit Zahnärzte der Universität Witten/Herdecke konnten nachweisen, dass eine intensive Schulung im Rahmen eines niedrigschwelligen betriebli hc en Vorsorgeprogramms helfen kann, die Mundgesundheit von Erwachsenen zu verbessern. 22 | POLITIK

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