Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 110, Nr. 21, 1.11.2020, (2036) bietet ein virtuelles Pflegeprogramm mit Coaching-Tools für Typ-2-Diabe- tes-Patienten. Onduo ist auch Bestand- teil einer neuen Lebensversicherung speziell für Diabetiker, die der US- Versicherer John Hancock Financial 2019 mit Verily Life Sciences einge- führt hat. Die Unternehmen wollen ihre Partnerschaft perspektivisch auch auf andere chronische Krankheiten wie Bluthochdruck oder Depressionen aus- weiten, erklärte Conrad seinerzeit. Medienberichten zufolge stellen in den USA allein die mehr als 30 Millionen Diabetiker eine beträchtliche Markt- chance für John Hancock und Verily – also Google – dar. Nach Angaben der US-Behörde CDC hat etwa die Hälfte der Diabetiker einen ungenügenden oder keinen Lebensversicherungs- schutz. Diabetes ist die siebthäufigste Todesursache in den USA und wird jedes Jahr mehr als 1,5 Millionen Mal neu diagnostiziert. John Hancock arbeitet aber auch mit anderen Techriesen zusammen, etwa in seinem „Vitality Program“. Seit 2019 belohnt das Unternehmen Lebensversicherungskunden für ihre Aktivitätsdaten mit der Apple Watch im vergünstigten 24-Monats-Abo. Das heißt, wer sich mehr bewegt und seine Daten mit dem Versicherer teilt, sam- melt mehr Vitality Points und redu- ziert dadurch die monatlichen Kosten für seine Apple Watch. Faulere Kunden zahlen 25 US-Dollar pro Monat, wer regelmäßig mehr als 10.000 Schritte pro Tag sowie einen vordefinierten Kalorien-Schwellenwert von Apple Health schafft, kriegt die Uhr praktisch umsonst. Bonuspunkte sammeln ist auch mit anderen Fitnesstrackern mög- lich, etwa mit Modellen von Fitbit – der seit Ende 2019 zu Google gehört. HAUPTSACHE, DIE DATEN FLIEßEN Ab diesem Herbst können alle Kunden von John Hancock Vitality auch das Amazon Halo-Band mit dem Pro- gramm verknüpfen und so ihre Herzfrequenz, Schritte, Schlafdaten, Hauttemperatur und Emotionen mit dem Lebensversicherer teilen. Ama- zons Veröffentlichung der Funktion zur Emotionserfassung rief übrigens selbst in den USA Datenschützer auf den Plan. Das Tracking-Armband hat ein eingebautes Mikrofon, das die Stimme des Trägers beim Sprechen analysieren und so Emotionen erken- nen soll. Außerdem arbeitete Amazon mit sechs Gesundheitsorganisationen zusam- men, damit Kunden mithilfe der Sprachassistentin Alexa datenschutz- konform Arztbesuche planen und Rezepte überprüfen können. Zudem besteht eine Kooperation mit dem US- Krankenversicherungsverbund Blue Cross Blue Shield, um das Angebot der 2018 gekauften Online-Apotheke Pill- Pack in die gemeinsame App der 36 Krankenversicherer zu integrieren. Darüber hinaus weitet Amazon offen- bar auch seine Aktivitäten als Kranken- versicherer aus: Für die 1,2 Millionen Mitarbeiter von Amazon, Berkshire Hathaway und J.P Morgan wurde im Januar 2018 das Gesundheitsportal Ha- ven gegründet. Darüber bietet Amazon seinen Beschäftigten Telemedizin und Medikamentenlieferungen an. Es heißt, das Unternehmen wolle dieses Angebot auf die Verkäufer seiner Platt- form ausweiten. Dafür spricht, dass im April 2020 rund 900.000 E-Commerce- Verkäufer in den USA angeschrieben und nach ihren Krankenversicherungs- bedürfnissen befragt wurden. Ein Großteil dieser Investitionen refinanziert Amazon Branchenkennern zufolge mit Gewinnen aus dem Cloud- Geschäft, IT-Diensten und Speicher- platz im Internet. Die Web-Plattform- Sparte AWS steigerte die Einnahmen 2019 um 40 Prozent auf 10 Milliarden Dollar. Am operativen Gewinn ist AWS mit fast einem Viertel beteiligt. Doch auch AWS selbst könnte zukünf- tig im Gesundheitsbereich eine Rolle spielen – etwa bei der Verarbeitung von sensiblen Gesundheitsdaten. Mit Amazon Transcribe Medical bietet AWS seit 2019 einen Spracherken- nungsservice an, der im Rahmen der Krankenhaus- und Praxisverwaltungs- software Arzt-Patienten-Gespräche für die Dokumentation transkribiert. Die KI extrahiert aus diesen Gesprä- chen automatisch Diagnosen und gibt Abrechnungsempfehlungen. Im deutschsprachigen Raum ist die Tech- nik noch nicht im Einsatz, aber über Rechen-zentren in London, Paris, Ir- land und Frankfurt am Main verfüg- bar. Kostenpunkt: 0,00125 US-Dollar pro Sekunde. Einer Einschätzung des Bundesbeauf- tragten für den Datenschutz und Infor- mationsfreiheit ist die Nutzung hier aber nicht ohne Weiteres möglich. Denn laut Datenschutz-Grundverord- nung haben Arzt und Zahnarzt sicher- zustellen, dass Amazon-Mitarbeiter kei- nen Zugriff auf sensible Patientendaten erhalten und die Daten ausreichend verschlüsselt sind. Genau das will Amazon nach eigenen Angaben garan- tieren, ebenso eine plattformübergrei- fende Nutzung. Eingabegeräte für die Arzt-Patientengespräche könnten Computer, Tablets, Smartphones oder Watches mit Mikrofon sein. mg DIE DEMONTAGE VON OBAMACARE Mit Inkrafttreten des Patient Protection And Affordable Care Act (PPACA), bekannt unter Obamacare, 2014 mussten alle Steuerzahler eine Krankenversicherung nachweisen. Donald Trump erließ 2017 noch am Tag seiner Amtseinführung eine Anordnung an die Gesundheits- behörden, alle Möglichkeiten zur Kostenentlastung von Versicherten, Versicherungen und Leistungsanbietern zu nutzen. Mitte Oktober unterzeichnete Trump ein Dekret, das Versicherungen eine Unterschreitung der Leistungs- Mindeststandards erlaubte. Kurz darauf koppelten die Republikaner die Aufhebung der Versicherungspflicht an das Haushaltsgesetz für 2018. Das führte demnach zu einer Zunahme von Versicherungen, die Arbeitgeber selbst finanzieren – und per Rück- versicherung gegen hohe Schadens- summen absichern. Laut der US- Behörde Congressional Budget Office (CBO) hätte Obamacare die Zahl der Unversicherten um 32 Millionen senken können, doch selbst ohne Obamacare wären noch 2026 rund 10 Prozent der unter 65-Jährigen ohne Krankenversicherung.

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