Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 110, Nr. 21, 1.11.2020, (2054) Versorgungsgeschehen deutlich rückläufig. Bezieht man die Entwicklung in den Monaten Januar bis Mitte März 2020 mit ein, so liegen die Rückgänge im ersten Halbjahr 2020 bei 5,5 Prozent bis 16,3 Prozent. ▪ Hervorzuheben ist insbesondere, dass das Ausmaß der Betrof- fenheit der Praxen sehr un-terschiedlich ausgeprägt ist. Zahl- reiche Praxen waren mit weit überdurchschnittlichen Rück- gängen konfrontiert. Bezogen auf das gesamte zweite Quartal hat bei der Leistungs-menge jede vierte Praxis Rückgänge von 30 Prozent zu verzeichnen gehabt, jede zehnte Praxis sogar Rückgänge von mehr als 40 Prozent. ▪ Noch stärker als im GKV-Bereich waren die Rückgänge beim privatzahnärztlichen Leis-tungsgeschehen (PKV-Vollversicher- te und eigenfinanzierte Leistungen der GKV-Versicherten). Ins- besondere in den Monaten April und Mai 2020 sind drasti- sche Einbrüche von zum Teil mehr als 50 Prozent bezogen auf das Niveau der Vorjahresmonate festzu-stellen. ▪ Seit der Lockerung der strengen Corona-Auflagen nimmt das Leistungsgeschehen lang-sam wieder zu. Die Rückkehr auf ein Ausgangsniveau vor der Pandemie wird sich zum Teil über ei- nen längeren Zeitraum hinziehen. Ein Ende der Corona- Pandemie ist bis-lang nicht in Sicht. Angesichts des Fort- dauerns und Wiedererstarkens der Corona-Pandemie mit erneut steigenden Infektionszahlen und parallel dazu einer Konzentration des Infektionsgeschehens in bestimmten Be- reichen oder Hotspots, muss erneut mit Einbrüchen beim Versorgungsgeschehen gerechnet werden . Die überwie- gend prä-ventionsorientiert erfolgende Inanspruchnahme zahnmedizinischer Leistungen dürfte ge-rade in den kommen- den Wintermonaten wie zuvor im März und April stark zu- rückgehen. Erschwert wird die Situation für die Praxen durch die Rückzahlungsverpflichtung der Liquiditätshilfe in den Jahren 2021 und 2022 mit der Folge, dass versorgungs- rele-vante Praxen zur Aufgabe ihrer Praxistätigkeit gezwungen sein könnten. STÄRKUNG DER KRISENREAKTIONSFÄHIGKEIT DES VERTRAGSZAHNÄRZTLICHEN VERSOR-GUNGSSYSTEMS – POLITISCHER HANDLUNGSBEDARF Die KZBV hat im Zuge der bisherigen Bewältigung der Pandemie wichtige Erkenntnisse ge-wonnen. Es gilt, aus diesen Erkenntnis- sen Lehren zu ziehen. Zum einen, um den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie bewältigen zu können, zum anderem, um auf zukünftige Pan-demien und nationale Katastrophensituationen insgesamt besser vorbereitet zu sein. Aus diesen Lehren resultie- ren aus Sicht der KZBV folgende politische Handlungsbedarfe : ▪ Verzerrungsfreie Fortschreibung der Gesamtvergütun- gen 2021/ 22: Pandemien und nationale Katastrophensituationen sind aty- pisch und in keiner Weise re-präsentativ. Sie führen bei der Fortschreibung der Gesamtvergütungen im Folgejahr zu Ver- werfungen. Gerade auch im Hinblick auf die Niederlassungs- bereitschaft von jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten ist es wichtig, dass ein Pandemiejahr nicht zu einem An-knüpfungs- punkt für die Fortschreibungen der Gesamtvergütung ge- macht wird. Es bedarf daher gesetzlicher Sonderregelungen, die ein Anknüpfen an krisenbedingte Verwerfun-gen aus- schließen. Insbesondere darf eine krisenbedingte Abnahme des Leistungsge-schehens, wie sie z.B. infolge der aktuellen Co- rona-Pandemie zu beobachten ist, nicht Grundlage für die prognostizierte Leistungsmenge des Folgejahres sein. ▪ Von der Liquiditätshilfe zu einem echten Schutzschirm mit Ausgleichszahlungen für besonders hart betroffene Praxen: Erforderlich ist auch für den Bereich der vertragszahnärztli- chen Versorgung eine gene-relle Regelung, wie sie bereits für die Vertragsärzteschaft gesetzlich verankert ist. Dieser Ansatz muss der erkennbaren Weiterentwicklung der Strategie zur Co- rona-Pandemiebe-wältigung mit einer Konzentration auf re- gionales Infektionsgeschehen Rechnung tragen. Der bisherige pauschale Ansatz allein zur Sicherung der Liquidität im Jahr 2020 reicht dazu nicht aus. Auch trägt die GKV eine Mitver- antwortung für die vertragszahnärztlichen Versorgungsstruk- turen und ist daher finanziell zu beteiligen. Wir schlagen die Einführung eines echten Schutzschirms vor, der sowohl für die gegenwärtige Corona-Pandemie als auch für künftige na- tionale Katastrophensituationen seine Wirkung entfaltet und insbe-sondere die Berücksichtigung regional unterschiedlichen Infektionsgeschehens und eine Fokussierung auf die corona- bedingte Betroffenheit der einzelnen Praxen ermöglicht. In Anlehnung an die vertragsärztliche Regelung sollte ein verläss- licher und dauerhafter Me-chanismus im SGB V geschaffen werden, der Ausgleichszahlungen an Praxen ermög-licht, die besonders hart von pandemiebedingten Honorareinbrüchen betroffen sind. Den KZVen sind diese Ausgleichszahlungen zeitnah von den Krankenkassen zu erstatten. Auch gilt es, die PKV bei der Pandemiebewältigung stärker in die Verantwortung zu nehmen. ▪ Epidemiebedingte Zuschlagsposition: In der Corona-Pandemie sind in den Praxen erhöhte Aufwen- dungen für Hygienemaßnah-men, Schutzausrüstung sowie er- höhte Rüst- und Aufklärungszeiten entstanden. Diese werden durch die bisherige Leistungsposition für den Sprechstunden- bedarf nicht abge-deckt. Daher bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, um im Einheitlichen Bewertungs-maßstab für 44 | BEKANNTMACHUNGEN

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