Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21
zm 110, Nr. 21, 1.11.2020, (2066) DREITEILIGE ZM-REIHE EMPFEHLUNGEN ZUM KARIESMANAGEMENT In einem Konsensusprozess haben die European Organisation for Caries Research (ORCA) und die European Federation of Conservative Dentistry (EFCD) inklusive der Deut- schen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) Empfehlungen zum Karies- management erarbeitet. Grundlage waren mehrere systematische Reviews; die Empfehlungen wurden im Juni 2019 in einem Experten- Workshop diskutiert und mittels eines „e-Delphis“ finalisiert. Bei dem Online-Konsensusverfahren stimmten 24 durch die Fachgesell- schaften entsandte Delegierte über die Empfehlungen ab. Die Ergebnisse wurden in den Zeitschriften „Caries Research“ und „Clinical Oral Investi- gations“ publiziert. In drei Beiträgen werden in der zm die zentralen Aussagen zum Kariesmanagement für die Altersgruppen Kinder (zm 19/2020, S. 42–49, oder via QR-Code), Erwachsene (zm 20/2020, S. 70–75, oder via QR-Code) und Senioren (zm 21/2020) vorgestellt. Foto: DGZ Arbeitsgruppe aus Experten der ORCA und der EFCD/DGZ EVIDENZBASIERTE PRÄVENTIONS- UND THERAPIEMÖGLICHKEITEN – TEIL 3 Kariesmanagement bei Senioren Sebastian Paris, Christian H. Splieth, Falk Schwendicke Mit der in den vergangenen Jahrzehnten stetig verbesserten Zahn- gesundheit und dem zunehmenden Zahnerhalt bis ins hohe Alter rückt zunehmend die Frage nach dem Kariesmanagement bei Senioren in den Fokus. Bei der Abwägung von Versorgungsalternativen spielen stärker als bei jüngeren Altersgruppen patientenindividuelle Faktoren wie die Berücksichtigung oft bereits bestehender Allgemeinerkrankungen, die Möglichkeiten des Patienten zur Mundhygiene und altersbedingte biologische Gegebenheiten eine Rolle. Dieser Beitrag stellt die evidenz- basierten Präventions- und Therapiemöglichkeiten vor [Paris et al., 2020]. D ie Gruppe der älteren Erwach- senen und Senioren gewinnt für die zahnärztliche Behandlung immer mehr an Bedeutung. Zum einen wächst wegen der gestiegenen Lebenserwartung und der geringen Geburtenraten in vielen Industrie- ländern sowohl die Gesamtanzahl als auch der relative Anteil älterer Erwachsener an der Bevölkerung. Zum anderen nimmt – anders als bei Kindern und Erwachsenen – der Versorgungsbedarf bei älteren Erwach- senen nicht ab, sondern tendenziell sogar zu [Schwendicke et al., 2018; Jordan et al., 2019; Schwendicke et al., 2018a]. Ein wesentlicher Grund hierfür ist der allgemeine Rückgang der Zahn- losigkeit. Während vor einigen Jahrzehnten bei Senioren Zahnlosigkeit weit verbreitet war und viele zumindest einen Groß- teil ihrer Zähne verloren hatten, werden heute die eigenen Zähne aufgrund der Erfolge von Prävention, restaurativer Zahnheilkunde und Parodontologie bis ins hohe Alter hinein erhalten. Da- mit einhergehend bleibt allerdings auch das Risiko bestehen, dass diese Zähne an Karies oder Parodontitis erkranken. Getriggert werden diese Risiken durch altersbedingte Faktoren – reduzierte manuelle Geschicklichkeit Foto: Sebastian Paris Abb. 1: Aktive Wurzelkaries an Zahn 12 bei einer 84-jährigen Patientin: Obwohl beide Läsionen relativ gut zugänglich sind, waren die Patientin und die sie betreuenden Familien- mitglieder nicht in der Lage, die Läsion effektiv und regelmäßig zu reinigen. Die Kavitation erschwert die Reinigung zusätzlich. Daher wurde die Läsion später restaurativ versorgt. Foto: Sebastian Paris Abb. 2: Glasionomer-Restauration an Zahn 45 distal, nach einer horizontalen Slot-Präparation zur Therapie einer Wurzel- karies: Aufgrund der schlechten Zugänglichkeit und der erschwerten Trockenlegung wurde ein Glasionomerzement als Füllungswerkstoff gewählt. 56 | ZAHNMEDIZIN
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