Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 110, Nr. 21, 1.11.2020, (2068) nen genommen, die auch bei älteren Erwachsenen verbreitet ist und sich nicht immer klar von Wurzelkaries ab- grenzen lässt. Wurzelkaries entsteht an freiliegenden Wurzeloberflächen, wie sie bei älteren Erwachsenen aufgrund parodontaler Vorerkrankungen und physiologischer Alterungsprozesse we- sentlich häufiger zu finden sind als in allen anderen Altersgruppen. Die hohe Anfälligkeit der Wurzelober- flächen für Karies liegt in mehreren Ursachen begründet. Zum einen sind Wurzeloberflächen wesentlich schwie- riger zu reinigen als die meisten Schmelzoberflächen und viele Senio- ren sind aufgrund der abnehmenden manuellen Geschicklichkeit und eines reduzierten Sehvermögens zunehmend weniger in der Lage, ihr Gebiss adäquat selbstständig zu reinigen. Zum anderen sind Dentin und Wurzelzement auf- grund ihrer Zusammensetzung wesent- lich anfälliger für Demineralisationen als Zahnschmelz. Dieser Effekt wird da- durch verstärkt, dass freiliegende Wur- zeloberflächen anders als der darüber liegende Zahnschmelz keine jahrelange „posteruptive Reifung“ durch Einlage- rung von lokal zugeführten Fluoriden KONSENSUSEMPFEHLUNGEN ZUM MANAGEMENT VON KARIES BEI ÄLTEREN ERWACHSENEN Ebene Ältere Erwachsene allgemein Prävention und Behandlung auf Patienten- niveau Tab. 1, Konsensusempfehlungen der European Organisation for Caries Research (ORCA), der European Federation of Conservative Dentistry und der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (EFCD/DGZ) zum Management von Karies bei älteren Erwachsenen; Quelle: [Paris et al., 2020] Empfehlung Die Altersgruppe älterer Erwachsener ist hinsichtlich vieler Eigenschaften, die die zahnmedizinische Behandlung und Prävention betreffen, sehr heterogen. Hierzu zählen die individuelle Fähigkeit, Mundhygiene zu betreiben, die Zahnarztpraxis aufzusuchen, zu kooperieren sowie der Allgemeinzustand und die individuelle Lebenserwartung des Patienten. Da diese Altersgruppe anfälliger für rapide Änderungen des systemischen und oralen Gesundheitszustands ist, sollte das individuelle Recall-Intervall auf die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Bei älteren Erwachsenen ist Wurzelkaries die vorherrschende Kariesform. Dies sollte in Prävention und Diagnostik berücksichtigt werden. Bei pflegebedürftigen älteren Menschen können Kompromiss-Restaurationen oder palliative sowie zahnerhaltende Restaurationen gegenüber Standard- Protokoll-Behandlungen, wie sie bei fitten und gesunden Erwachsenen verwendet werden, bevorzugt werden. Hauptziel ist, die oralen Funktionen aufrechtzuerhalten. Bei stark abhängigen Senioren (zum Beispiel fortgeschrittene Demenz, Langzeit- Hospitalisierung oder Institutionalisierung) können mitunter restaurative Behand- lungen nicht möglich oder nicht indiziert sein. In diesen Fällen sollten auch Extraktionen verstärkt in Betracht gezogen werden. Systemische und orale Gesundheit sind miteinander verbunden. Gute Mund- hygiene kann zur Prävention und Kontrolle von Allgemeinerkrankungen wie beispielsweise Pneumonien oder Diabetes beitragen. Eine zuckerarme Diät (mit niedriger Frequenz der Zuckeraufnahme) sollte empfohlen werden. Patienten sollte angeraten werden, ihre Zähne mindestens zweimal täglich mit fluoridierter Zahnpasta (>= 1500 ppm Fluorid) zu putzen. Da die meisten älteren Erwachsenen erweiterte Interdentalräume haben, die nicht mit Zähneputzen allein ausreichend gereinigt werden können, sollte die Benutzung von Interdentalraumbürsten, vorzugsweise mit fluoridierter Zahnpasta, regelmäßig empfohlen und trainiert werden. Da die manuelle Geschicklichkeit bei älteren Erwachsenen oftmals abnimmt, sollte die Verwendung von unterstützenden Mundhygienehilfsmitteln, wie elektrische Zahnbürsten, in Erwägung gezogen werden. Wenn der Patient unfähig ist, ausreichende Mundhygiene zu betreiben, sollten pflegende Personen angehalten werden, die Mundhygiene sicherzustellen. Stärke der Empfehlung (Qualität der Evidenz) schwach schwach moderat schwach moderat schwach stark schwach schwach schwach Zustimmung (%) / Median der Zustimmung von 0–10 92% / 10 100% / 10 100% / 10 92% / 10 96% / 10 100% / 10 96% / 10 96% / 10 96% / 10 100% / 10 58 | ZAHNMEDIZIN

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