Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 110, Nr. 21, 1.11.2020, (2084) somit die Ausheilung chronisch rezidi- vierender Nasennebenhöhlenentzün- dungen zu erleichtern [Stammberger & Posawetz, 1990]. Dabei wird die Fähigkeit des Respirations- epithels, durch die Schlagrichtung der Kinozilien Schleimretentionen selbst aufzulösen, berücksichtigt. Erst seit wenigen Jahren findet diese Technik Eingang in die Therapie der odontoge- nen Sinusitiden [Costa et al., 2007]. Es ist Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion, ob die Eröffnung der Kie- ferhöhle über die faziale Kieferhöhlen- wand zur definitiven Behandlung odontogener Sinusitiden in Zukunft nicht unterlassen werden kann [Craig et al., 2019]. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass aufgrund der be- grenzten Einsicht in die Kieferhöhle nicht jede odontogene Pathologie voll- ständig transnasal erreicht werden kann. Wenn erforderlich, sollte der Zugang zur Kieferhöhle in jedem Fall osteoplastisch gewählt werden [Katauczek et al., 2015]. Die vollständige knöcherne Heilung der Sägeschnitte des Knochendeckels im Bereich der fazialen Kieferhöhlenwand führt zu keinen Veränderungen der Anatomie des Gesichtsschädels. Die von Caldwell und Luc beschriebene, osteoklastische Technik ist aufgrund von langfristig negativen Folgen wie schmerzhaften Narbenzügen, rezidivie- renden Infektionen und funktionellen Veränderungen in diesem Indikations- bereich zu unterlassen [Costa et al., 2007]. Grundsätzlich stellt das operative Vor- gehen einen wichtigen Schritt in der Therapie der odontogenen Sinusitis maxillaris dar. Die alleinige Therapie mit Antibiotika ist nicht ausreichend und sollte unterbleiben [Ramakrishnan et al., 2019]. Zur Sicherung eines lang- fristigen Therapieerfolgs sollte auf eine korrekte Nachbehandlung nach dem chirurgischen Eingriff im Bereich der Nasennebenhöhlen geachtet werden. Ziel der Nachbehandlung ist, die Rege- neration des Respirationsepithels zu fördern, die überschießende Narben- bildung zu unterbinden und die er- neute Ansammlung von Exsudaten zu vermeiden. Die zentralen Säulen der adäquaten Nachbehandlung sind auf der einen Seite lokale therapeutische Maßnahmen wie Inhalationen mit aufgewärmtem Wasserdampf (circa 44 Grad), Nasenspülungen mit hyper- tonen Salzlösungen und abschwellende sowie antiinflammatorische (vor allem Cortisonderivat-haltige) Nasensprays [Stuck et al., 2018]. Auf der anderen Seite kann eine phytologisch basierte systemische Therapie unterstützend eingesetzt werden [Passali et al., 2015]. Zentral wirksame pflanzliche Wirkstoffe entstammen Extrakten der Schlüssel- blume (zum Beispiel Sinupret ® mit vielen weiteren Extrakten), des Euka- lyptus (zum Beispiel Gelomyrtol ® ), der Ananas (zum Beispiel Wobenzym ® ) und des Thymians (zum Beispiel Bronchicum ® ). Zahlreiche weitere Heil- pflanzen werden auf ihre Effektivität in der Therapie der chronischen Sinu- sitis überprüft. Ziel der Therapie ist die Förderung und Wiederherstellung eines funktionsfähigen Respirations- epithels mit verbesserter mukoziliärer Aktivität. Da dieser Prozess sehr langwierig ist und nicht selten mehrere Monate in Anspruch nehmen kann, sollte die Dauer der Nachbehandlung nach ope- rativem Eingriff im Bereich der Nasen- nebenhöhlen entsprechend angepasst werden [Kim et al., 2008]. Der Erfolg der Therapie kann klinisch und/oder radiologisch kontrolliert werden. \ Quelle: Praxis Dr. Dr. Tröltzsch Abb. 6: Postoperatives Computertomogramm der Nasennebenhöhlen in Nativtechnik (koronale Schichtung): Reizfreie Verhältnisse ohne Retention von Exsudaten im Bereich der Kieferhöhle (a), des Siebbeins (b) und der Stirnhöhle (c) linksseitig. Es zeigt sich eine nun breite Drainagemöglichkeit der Kieferhöhle und der vorderen Siebbeinzellen zum mittleren Nasengang nach Infundibulotomie (Erweiterung des ostiomeatalen Komplexes, FESS). FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Der diagnostische Algorithmus bei rezidivierenden und insbesondere unilateral vorliegenden Nasenneben- höhlenerkrankungen sollte eine zahn- ärztliche klinische und radiologische Diagnostik mit einschließen. \ Die Anamnese und die klinische Symptomatik des Krankheitsverlaufs können wichtige Hinweise auf eine odontogene Pathologie als Ursache einer chronischen Nasennebenhöhlen- erkrankung geben. \ Zur definitiven Therapie einer odon- togenen Sinusitis maxillaris ist die Behandlung der zugrunde liegenden Pathologie unerlässlich. \ In der operativen Therapie odontogener Nasennebenhöhlen- erkrankungen sind grundlegende Prinzipien der Drainage der beteiligten Nasennebenhöhlen über den ostiomeatalen Komplex zu berücksichtigen. Die funktionelle Nasennebenhöhlenchirurgie sollte ein zentraler Bestandteil des thera- peutischen Algorithmus sein. \ Die anatomisch-funktionelle Regene- ration des Respirationsepithels sollte durch eine adäquate Nachbehand- lung unterstützt werden. 74 | ZAHNMEDIZIN

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