Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 110, Nr. 22, 16.11.2020, (2170) Standard-Mund-Nasenschutz völlig ausreichend.“ Die Situation in München ist aktuell Hickel zufolge vergleichsweise ent- spannt, es bleibt perspektivisch noch Luft für eine Verschärfung der Maß- nahmen. „Es läuft alles kontrolliert und gut“, berichtet Hickel. Studierende, Patienten und Besucher nutzten sepa- rate Eingänge, Alltagsmasken würden in der Klinik sicherheitshalber aus- nahmslos durch chirurgische Masken ersetzt, nur die verpflichtende Tempe- raturmessung sei vorübergehend noch ausgesetzt. Studierende arbeiten wieder am Patienten und am Phantomkopf, jeweils im Schichtbetrieb – so dass nur jeder zweite Platz besetzt wird. Mit dem Start des Wintersemesters gibt es fast so etwas wie Normalbetrieb. Die Studierenden ebenso wie die jun- gen Ärzte erlebt Hickel als diszipliniert und verständig, was die Hygiene- maßnahmen betrifft. „Jetzt muss nur noch besser in die Köpfe hinein, dass die Maßnahmen nicht am Tor des Kli- nikums enden“, meint Hickel mit Blick auf die Risiken des Party-Lifestyles. Denn anders als im Frühjahr sind aktu- ell vor allem Jüngere infiziert. Bislang gab es allerdings nur drei Infizierte unter den rund 700 Studierenden. „Ich gehe aber davon aus, dass ich jede Woche mit einem bis mehreren Fällen rechnen muss“, prognostiziert er. Ob es noch einmal zu einem komplet- ten Shutdown und einer angeordneten umfangreichen Bettenfreihaltung nur für COVID-Patienten kommt, sei mo- mentan nicht absehbar. Diese Maß- nahme ist für Hickel wirtschaftlich un- sinnig und für die anderen Patienten schlecht. ES GIBT KEINEN GRUND, ANGST ZU HABEN Ebenso schädlich ist seiner Meinung nach unbegründete Panikmache im Berufsstand und in der Bevölkerung. Hickel ist daher froh, das neue Studien zeigen, dass das Infektionsrisiko für Zahnärzte nicht überproportional ist. Es gebe also keinen Grund, Angst zu haben, lautet seine Botschaft. Auch er behandele nach wie vor jeden Tag und spüre, dass die Patienten auch nach wie vor gerne in die Klinik kommen. mg GLG WERNER FORßMANN KLINIKUM EBERSWALDE „WIR STECKEN SCHON MITTEN DRIN IN DER ZWEITEN WELLE“ PD Dr. Dr. Meikel A. Vesper hat wenig Zeit am Telefon. Der Chefarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Eberswalde bekommt als Hygienebeauftragter des gesamten Krankenhauses die Wucht der aktuellen Entwicklung doppelt zu spüren. Lange hatte der brandenburgische Landkreis Barnim eine vergleichsweise niedrige 7-Tages-Inzidenz. Doch jetzt schnellt die Zahl nach oben, berichtet Dr. Vesper. „Das explodiert gerade“, sagt er. „Wir stecken schon mitten drin in der zweiten Welle.“ Aktuell werden im Klinikum 18 COVID-Patienten behandelt, elf davon auf der Intensivstation. Täglich kommen neue hinzu. Trotzdem ist sich der Chefarzt sicher, dass sein Haus gut vorbereitet ist. Die Materialsituation sei wesentlich besser als im Frühjahr und auch das medizinische Wissen zum Verlauf der Erkrankung breiter. Für große Unsicherheit sorgen seiner Meinung nach die asymptomatischen Verläufe und nicht nachvollziehbaren Verbreitungswege des Virus. In Einzelfällen lasse sich „einfach nicht rekonstruieren, wo die Infektion herkommt“, sagt Vesper. So habe er einen „superdisziplinierten“ Mitarbeiter, der ausschließlich mit FFP2-Maske behandelte, als junger Vater auch kein Partygänger und dessen prophylaktischer Test nach einem ersten Kratzen im Hals negativ blieb. Ein zweiter turnusmäßiger Test Tage später war dann aber positiv, obwohl der Mann keine eindeutigen Symptome zeigte. Jetzt, Wochen später, verschlechtere sich der Gesundheitszustand zunehmend, und ein zweiter Mitarbeiter erkrankte. Im Oktober wurde das Klinikum wieder in den Alarmmodus versetzt, Betten für Intensivpatienten wurden reserviert. In der Kantine dürfen sich die Beschäftigten seitdem nur noch zu zweit an einen Tisch setzen, jeweils an der Querseite, um maximal möglichen Abstand zu wahren. Die größte Herausforderung ist nach Vespers Bewertung der Umgang mit und die Behandlung von nicht kooperativen, weil dementen COVID-Patienten. „Die tragen natürlich nicht brav ihre Maske, sondern ziehen sie ständig runter.“ Einzig mögliche Reaktion ist die Unterbringung in Einzelzimmern und die lücken- lose Verwendung von FFP2-Masken. Dicht abschließen können diese nur, wenn sie nicht auf einem dichten Bart aufliegen. „Wir können natürlich niemanden zwingen“, sagt er. „Aber wer seinen Bart nicht soweit kürzt, dass der Infektions- schutz gewährleistet ist, wird – ebenso wie Mitarbeiter die aus gesundheitlichen Gründen nicht mit FFP2-Masken arbeiten können – in einen anderen Klinik- bereich versetzt.“ Foto: Dr. Meikel Vesper Neue Sitzordnung: In der Kantine des GLG Werner Forßmann Klinikums dürfen nur noch maximal zwei Mitarbeiter an einem Tisch sitzen. 36 | POLITIK

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=