Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 110, Nr. 22, 16.11.2020, (2172) US-STUDIE ZU AGGRESSIVEM PATIENTENVERHALTEN Beschimpfungen und Gewalt gehören für Zahnärzte zum Praxisalltag Weltweit gibt es erst vier Studien zu Aggressionen in Zahnarztpraxen. Wie sehr Zahnmediziner Beschimpfungen, Gewalt und Rufmord ausgesetzt sind, zeigt die erste in den USA erschienene Publikation zu dem Thema. Z iel der Studie war, eine erste Schätzung des Aggressions- potenzials von Patienten in Zahnarztpraxen in den USA zu geben. Die Studie ist daher explorativ – nicht repräsentativ. Die Autoren befragten 98 Zahnärzte, die aus dem Fakultäts- und Alumni- Netzwerk der New York University College of Dentistry (NYU) stammen und in der Metropolregion New York praktizieren. Die Teilnehmer beantwor- teten eine vertrauliche Online-Umfrage, in der sie zu 21 verschiedenen Arten von aggressivem Verhalten ihrer Pa- tienten Stellung nahmen. Ergebnis: 2019 wurden 22,2 Prozent der befragten Zahnärzte Opfer phy- sischer Gewalt, in ihrer gesamten Berufslaufbahn – die durchschnittliche Praxiserfahrung in der Stichprobe be- trug 17 Jahre – waren es 45,5 Prozent. 55 Prozent sahen sich 2019, drei Viertel (74 Prozent) in ihrer gesamten Karriere, mindestens einmal verbalen Angriffen ausgesetzt. Über rufschädi- gende Drohungen, Klagen oder Kom- mentare in sozialen Medien berichte- ten vergangenes Jahr 44,4 (insgesamt 68,7) Prozent. Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Fachrichtung, Alter, Berufserfahrung oder die durchschnittliche Anzahl der pro Tag behandelten Patienten – diese Faktoren hatten laut den Autoren keinen signifikanten Einfluss auf das Ergebnis. Die Probanden nannten kör- perliche, verbale und rufschädigende Aggressionen in einem Ausmaß, das mit dem anderer medizinischer Fach- kräfte in den USA und im Ausland vergleichbar ist, lautet das Fazit der Autoren. GEWALT ALS REAKTION AUF ANGST, SCHMERZ UND WUT „Gewalt am Arbeitsplatz gegen Ange- hörige der Gesundheitsberufe ist weit verbreitet und wird weitgehend über- sehen“, kommentierte Hauptautorin Kimberly Rhoades das Ergebnis. Die Rate der körperlichen und rufschädi- genden Aggressionen gegenüber Zahn- ärzten sei vergleichbar mit den Werten einer Parallelstudie von NYU-Forschern zur Aggression gegenüber Zahn- medizinstudierenden, die Anfang 2020 im Journal of Dental Education veröffentlicht wurde. Studierende seien allerdings noch viel häufiger (86 Pro- zent gegenüber 55 Prozent) Opfer ver- baler Angriffe als ihre erfahreneren Kollegen. „In der Zahnmedizin gibt es viele Si- tuationen, die starke negative Emotio- nen hervorrufen können, wie Angst, Schmerz, Misstrauen und Wut. Viele Patienten leiden auch unter einem hohen Maß an Angst und Verletzlich- keit, was negative Reaktionen oder Aggressionen verstärken kann“, er- klärte Rhoades. „Die Feststellung, dass Aggressionen gegenüber Zahnärzten ein Problem sind und wie oft sie auf- treten, kann uns nun helfen, Interven- tionen zu entwickeln, um diese Über- griffe zu verhindern.“ Die Raten unterstreichen den Autoren zufolge die Notwendigkeit, dieses Pro- blem in Zahnarztpraxen anzugehen, einschließlich proaktiver Schritte, die unternommen werden könnten, um die Aggression von Patienten in Zahn- arztpraxen zu verringern. mg Kimberly A. Rhoades et al.: „Patient aggression toward dentists“, Jada, VOLUME 151, ISSUE 10, P764–769, OCTOBER 01, 2020, https://doi.org/ 10.1016/j.adaj.2020.06.041 Foto: AdobeStock_svetazi 2019 wurden 22,2 Prozent der befragten Zahnärzte Opfer physischer Gewalt, 55 Prozent sahen sich mindestens einmal verbalen Angriffen ausgesetzt. 38 | PRAXIS

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