Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 110, Nr. 22, 16.11.2020, (2180) die Internationale Telekommunikations- vereinigung (ITU) zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Gruppe ins Leben gerufen, die Standards für KI-Anwendungen in der Medizin definiert [ITU, 2020]. Die Autoren arbeiten für den Bereich der Zahnmedizin in dieser Gruppe mit. Auch an anderen Stellen wird intensiv an Qualitätsrichtlinien für KI- Forschung in der Medizin und Zahn- medizin gearbeitet. In der Zahnmedizin sollten diese Richtlinien zumindest über- blickshaft verstanden werden, um zukünf- tige KI-Anwendungen entsprechend kri- tisch beurteilen können. Für den Zahnarzt von morgen wird es genauso wichtig sein, die Qualität von KI-Anwendungen ein- schätzen zu können, wie die Qualität einer neuen Behandlungseinheit oder eines neuen endodontischen Instruments. FAZIT Aktuell sind für den zahnärztlichen Bereich nur wenige KI-Anwendungen bereits auf dem Markt erhältlich. Mehrere Anwendungen bieten KI-gestützte Hilfe bei der Vorbefundung von Röntgenbildern an. Für die Kieferorthopädie existiert eine Software, die die Vermessung von Gebiss und Schädel anbietet. Die Leistungsfähig- keit dieser Anwendungen ist aufgrund vielfach fehlender Studien schwer einzu- schätzen. Andererseits zeigt sich das Feld der KI-Forschung hochdynamisch und auch in der Zahnmedizin werden in rascher Folge neue Anwendungsfelder für KI erschlossen. Es kann also damit gerech- net werden, dass in naher Zukunft weitere KI-Produkte auf den Markt drängen werden. Die Chancen von KI für die Zahnmedizin liegen in einer besseren Diagnostik- und Therapiequalität, der integrativeren Nutzung von Daten und somit einer präziseren, präventiveren Zahnmedizin, einer möglichen Zeitersparnis für arbeits- intensive Routineaufgaben und der engeren Einbindung des Patienten in Ent- scheidungs- und Therapieabläufe. Aller- dings sind die Hürden für belastbare, generalisierbare, transparente KI-Anwen- dungen in Medizin und Zahnmedizin besonders hoch, da es hier letztlich um die Gesundheit der Patienten geht. Eine KI-basierte Software muss sich – wie alle diagnostischen und therapeutischen Methoden in der Medizin – einer Erfolgs- und Nutzenüberprüfung im klinischen wie auch im wissenschaftlichen Rahmen stellen. \ 2 4 1 3 DENTALXRAI PRO – EINE KI-BASIERTE SOFTWARE FÜR ZAHNMEDIZINISCHE ANWENDUNGEN Die Software dentalXrai Pro (Abbildung 6) wurde an der Zahnklinik der Charité, Universitätsmedizin Berlin, entwickelt und wird durch eine Charité-Ausgründung, die dentalXrai GmbH, vertrieben und weiterentwickelt. Die Software ist ein KI- basiertes Diagnoseunterstützungssystem für dentale Röntgenbilddaten. Sie unter- stützt die Lokalisierung und die Klassifizierung von Zähnen sowie die Erkennung und die Dokumentation von Pathologien (Karies und apikale Läsionen) sowie von nicht-pathologischen Strukturen (Füllungen, Kronen, Implantate, Brücken und Wurzelkanalfüllungen). Die maschinell detektierten Befunde können vom Zahnarzt bei Bedarf ergänzt, korrigiert und kommentiert werden. Der diagnostische Befund wird automatisch auf eine Zahnkarte übertragen und kann danach gespeichert oder ausgedruckt werden. Vorhandene Schnittstellen ermöglichen es, die Software mit anderen Softwaresystemen zu verbinden (zum Beispiel PVS) und den Befund innerhalb der IT-Infrastruktur weiterzuverarbeiten. Insgesamt spart die Software dem Zahn- arzt Zeit, sichert einen Qualitätsstandard und stellt Arzt und Patient ein farblich augmentiertes Röntgenbild als Gesprächsgrundlage zur Verfügung. Die Markteinführung von dentalXrai Pro erfolgt voraussichtlich im ersten Quartal 2021. Damit zählt die Software zu den weltweit ersten kommerziell vertriebenen KI-basierten Lösungen für zahnmedizinische Anwendungen. Abb. 6: Die Software dentalXrai Pro ist ein KI-basiertes Diagnoseunterstützungssystem für dentale Röntgenbilddaten. Die Analyseansicht der Software erweitert die Funktionen eines klassischen Bildbetrachtungssystems, indem automatisch erkannte Strukturen und Pathologien auf dem Röntgenbild (1), in einem Zahnschema (2) und in der Liste der Detektionen (3) angezeigt werden. Das Speichern des Befunds (4) dient Archivierungszwecken und erlaubt den Austausch mit Patienten und Kollegen. Foto: Schwendicke 46 | ZAHNMEDIZIN

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