Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22
Foto: Federico Rostagno – stock.adobe.com Leserforum UMBENENNUNG DES WALKHOFF-PREISES NICHT GEZWUNGEN, IN DIE NSDAP EINZUTRETEN Zum Leserbrief „Umbenennung des Walkhoff-Preises: Weglaufen vor der Geschichte“, zm 20/20, S. 9, zum Beitrag „Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung: Der Walkhoff-Preis wird umbenannt“, zm 18/2020, S. 30–31. UMBENENNUNG DES WALKHOFF-PREISES WALKHOFF WAR EIN STEIGBÜGELHALTER Zum Leserbrief „Umbenennung des Walkhoff-Preises: Weglaufen vor der Geschichte“, zm 20/20, S. 9, zum Beitrag „Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung: Der Walkhoff-Preis wird umbenannt“, zm 18/2020, S. 30–31. Ihre Auffassung, die Umbenennung des Walkhoff-Preises sei „schlichtweg albern“, kann ich nicht teilen, sie lässt mich sogar meine Trägheit überwinden und erstmalig einen Leserbrief an die zm schreiben. Wenn der Preis einer Fachgesellschaft mit der wissenschaftlichen Lebensleistung eines Namensgebers verbunden ist, darf man er- warten, dass dieser nicht nur fachlich, sondern auch menschlich eine integre Persönlichkeit war. Es gibt Beispiele, dass ein Preis- träger im Nachhinein seinen Preis zurückgab, als sich dunkle Stellen in der Vita dessen herausstellten, mit dessen Namen sich der Preis schmückte. Herr Walkhoff konnte damals nicht ahnen, welche Verbrechen seine Parteifreunde später in Umsetzung der Partei-Ideologie verüben würden. Aber er war auch nicht ge- zwungen, 1929 in die NSDAP einzutreten. Er musste den Inhalt von „Mein Kampf“ kennen, denn der war seit 1925 (erster Band) und 1926 (zweiter Band) veröffentlicht. Das war damals keine unbedeutende Schrift, die er hätte übersehen können. Auch die SA ist ab 1924 schon marschiert. Wieso hätte Herr Walkhoff in die Partei eintreten sollen, wenn er nicht die nationalsozialistische Ideologie unterstützte? Sie, Herr Modler, schreiben, dass wir die Generation unserer Eltern und Großeltern nicht an unseren heutigen ethisch-moralischen Werten messen dürfen. Was denn sonst? Wir Deutsche sind doch genau deshalb wieder wohlgelittene Mitglieder in der Weltgesellschaft geworden, weil wir unseren Wertekompass ethisch-moralisch neu ausgerichtet haben. Marlene Dietrich wurde einmal gefragt, warum sie dem heftigen Werben Goebbels widerstanden habe und nicht zum deutschen Film zurückgekehrt sei. Ihre Antwort war verblüffend einfach: „Aus Anstand.“ Diesen Anstand hatte er nicht! Ein Wissenschaftspreis wird im Heute vergeben. Trägt er einen Namen, darf dieser nicht mit einer Persönlichkeit verbunden sein, deren Weltbild wir heute als unmoralisch ansehen. Den Fachgesellschaften gehen die Namen aus? Nicht ganz: Weiter hinten im selben Heft wird das Leben von Julius Misch be- schrieben, und wie übel ihm seine deutschen Mitbürger während des Dritten Reichs mitspielten – warum nicht ihm die Patenschaft für einen Preis widmen? Dr. Wolfgang Grüner, Karlsruhe Korrekt ist die Stellungnahme von Prof. Dominik Groß in den zm 18/2020 zur Umbenennung des Walkhoff-Preises – gestützt auf Fakten, die so bislang nicht bekannt waren. Und der Preis wurde erstmals im Jahr 2000 verliehen. Wenn ein Emeritus im Jahr 1929 der NSDAP beitrat und die Mitgliedsnummer 172.024 bekam, dann war er ein recht früher Nationalsozialist – 1945 waren es schließlich und endlich 7,5 Millionen Parteimitglieder. Bei den Reichstagswahlen 1928 verlor die NSDAP deutlich und bekam mit 2,63 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Weimarer Jahre. Daraufhin trat Walkhoff den Nationalsozialisten bei: ein Steigbügelhalter also. Und noch zu Lebzeiten von Walkhoff wurden im März 1933 die ersten Häftlinge im KZ Dachau inhaftiert. Wer das Parteiblatt „Völkischer Beobachter“ bekam, war bereits im Vorfeld über Ziele und Vorhaben der NSDAP informiert, er war kein Mitläufer. Dominik Groß und die anderen „jungen Wissenschaftler“ (sic!) haben nicht „mit dem Schwert des Wissenden gerichtet“ – sie haben berichtet, was sie gefunden haben, sie haben nicht von zm 110, Nr. 22, 16.11.2020, (2142)
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