Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24
zm 110, Nr. 23-24, 1.12.2020, (2268) und die konventionellen Bilder fest- zulegen, ab der ein Pixel als Plaque- bedeckt gilt oder nicht. Die Plaque- abdeckung wurde in Prozent der ge- samten bracket- und drahtfreien Zahn- kronenoberfläche gemessen. ERGEBNIS: QLF-D UNTERSCHÄTZT DIE PLAQUEMENGE Die mittlere Plaquebedeckung aller analysierten Oberflächen und aller Pa- tienten betrug 21 Prozent ± 17 für die QLF-D-Bilder und 36 Prozent ± 24 für die konventionellen Fotografien mit angefärbter Plaque. Es zeigte sich für beide Bildgebungsmethoden eine sehr große Streubreite bei den Messungen. Die Methodendiskrepanz nahm mit zunehmender Plaquebedeckung zu. Dies weist auf einen systematischen Methodenfehler hin. QLF-D- und herkömmliche Bilder mit angefärbter Plaque zeigten einen statis- tisch signifikanten Unterschied der planimetrisch bewerteten Plaque- bedeckung. QLF-D zeigte 15,5 Prozent weniger absolute Plaque-bedeckte Zahnoberflächen als die Auswertung der Bilder mit Anfärbung. Die Null- hypothese der Studie, dass es keinen Unterschied zwischen den Plaque- Scores gibt, die mit den beiden Metho- den abgeleitet werden, bestätigte sich nicht. Die Analysen zeigten, dass der syste- matische Methodenfehler im Wesent- lichen unabhängig war von den Gegebenheiten im Fotoraum (ein- oder ausgeschaltetes Licht; definierter Ab- stand zwischen Kamera und Patient), vom Kiefer, von den Zahntypen und von den analysierten Zahnoberflächen. Die Unterschiede in den Messergebnis- sen der beiden Methoden waren stär- ker von der oralen Region abhängig als von den Einstellungen oder Licht- verhältnissen. DISKUSSION DES METHODENFEHLERS Die Wissenschaftler diskutieren als Ein- schränkung der Studie, dass sowohl auf den QLF-D-Bildern als auch auf den konventionellen Digitalfotos die Zahnoberflächen manuell maskiert werden mussten, um die Bereiche von Brackets und Drähten auszuschneiden. Denn es sollte ja die Plaque auf den Zahnoberflächen um die Apparatur ge- messen werden, abzüglich der Plaque auf der Multibracket-Apparatur. Doch die Plaquefärbemittel färben einen größeren Bereich an als mittels Fluo- reszenz mit QLF-D auszumachen ist. So könnte der Effekt des digitalen „Entfernens“ der Brackets und Drähte einen höheren Einfluss bei den QLF- D-Bildern gehabt und somit zu gerin- geren Plaque-Scores beitragen haben. Warum Plaque-Färbelösungen weitere Bereiche anfärben als durch QLF-D detektierbar ist, ist den Forschern noch nicht ganz klar, denn die zugrunde lie- genden Prinzipien der Plaque-Färbung sind ebenfalls noch nicht vollständig verstanden. Der rosa Farbstoff haftet Studien zufolge nicht nur an vorhan- dener Plaque, sondern auch an unge- bundenen Proteinen in der Mundhöhle [Volgenant et al., 2016; Gallagher et al., 1977]. Zudem kann davon ausge- gangen werden, dass Teile der Pellikel angefärbt werden. So färben Färbe- lösungen mitunter mehr Bereiche an, als an Plaque tatsächtlich vorhanden ist. QLF als Methode korreliert dagegen eher mit der Menge an reifer Plaque (blau angefärbt) als mit der frischen (rosa), was zu einer Unterschätzung der Plaquemenge führt. In dieser Dis- krepanz sehen die Wissenschaftler aus Gießen die Hauptursache des Methodenfehlers. FAZIT Unter Berücksichtigung des erheblichen systematischen Methodenfehlers scheint QLF-D die Menge an Plaque derzeit nicht genau genug zu quantifizieren und ist daher für Forschungsfragen bei Multibracket-Patienten nicht valide genug. Als Motivationsinstrument für Patienten während kurzer KFO-Kon- trollen, bei denen keine Zeit für An- färben und Zahnreinigung bleibt, kann sie nur eingeschränkt dienen. \ Quelle: Katharina Klaus, Tabea Glanz, Alexander Georg Glanz, Carolina Ganss, Sabine Ruf: Comparison of Quantitative light-induced fluorescence- digital (QLF-D) images and images of disclosed plaque for planimetric quantification of dental plaque in multibracket appliance patients. Sci Rep. 2020; 10: 4478. doi: 10.1038/s41598–020–61454–9 QLF QLF (Quantitative light-induced fluo- rescence) beruht auf der Fluoreszenz der von Bakterien synthetisierten Por- phyrine. Das sind Farbstoffe, die aus Pyrrol-Ringen bestehen (organische Verbindungen). Solche Verbindungen kommen in vielen Bereichen des Kör- pers und in der Natur vor. Zu ihnen gehören zum Beispiel das Häm im roten Blutfarbstoff Hämoglobin und die entsprechenden Abbauprodukte Bilirubin und Urobilin (Gallenfarb- stoffe), Vitamin B 12 und Chlorophyll. Plaque lässt sich mit Licht bestimmter Wellenlängen zur Fluoreszenz in grün, orange oder rot anregen. Die Intensität der roten Fluoreszenz beruht auf den Porphyrinen. Anhand dieser Fluoreszenz können Forscher auch auf das Alter und auf die Dicke des Biofilms schließen. Als Weiterentwicklung dieser Ent- deckung wurde in den Niederlanden ein Gerät entwickelt, das den Grad der roten Fluoreszenz erhöht, QLF-D Billuminator (Quantitative light-induced fluorescence-digital – QLF-D – Billu- minator, Inspector Research System, Amsterdam, Niederlande). Es besteht aus einer Leuchtröhre mit acht violett- blauen Leuchtdioden (LEDs; 405 ± 20 nm) und vier weißen Breitspektrum- LEDs auf einer Ringröhre um eine Makrolinse und aus einem Filter. Das ultraviolette Licht erzeugt die rote Fluoreszenz, die auf einem hochaufgelösten Bild festgehalten wird. Aufgrund der violett-blauen oder weißen LEDs können mit der Billuminator-Kamera sowohl QLF- D-Bilder als auch herkömmliche digitale Fotos aufgenommen werden. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 26 | ZAHNMEDIZIN
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