Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 110, Nr. 23-24, 1.12.2020, (2245) Erbe verpflichtet Glücklicherweise ist nicht jedes Erbe derart düster. Ein wahrer Schatz fand Anfang November ein neues Zuhause. „Einzigartig“ ist ein inflationär gebrauchter Superlativ. Auf die im Besitz der BZÄK befindliche Sammlung Proskauer/Witt trifft dieses Attribut ohne Frage zu. Nach rund 20 Jahren im Dornröschenschlaf wurden die teilweise Jahrtausende alten Sammlerstücke nun ins Dentalhistorische Museum im sächsischen Zschadraß transportiert. Damit wird die weltgrößte dentalhistorische Sammlung dort noch größer. Mit ihrer Geschichte im Allgemeinen und mit diesem wertvollen Erbe im Besonderen tat sich die Zahnärzteschaft eben- falls lange Zeit schwer. Der Umzug – maßgeblich von der BZÄK und der Landeszahnärztekammer Sachsen initiiert – wurde aus Spendengeldern der Aktion „Dentales Erbe“ finanziert und soll nun ein neues Kapitel aufschlagen. Doch damit ist es nicht getan, denn dieses Erbe ver- pflichtet auch weiterhin – vor allem dazu, es der Öffent- lichkeit und der Wissenschaft zugänglich zu machen. Nur so kann es der Nachwelt von Nutzen sein und wertvolle Einblicke in die spannende und facettenreiche Geschichte der Zahnmedizin liefern. Daher mein Appell an dieser Stelle: Unterstützen Sie den Erhalt und die Auf- arbeitung dieser Sammlung mit Ihren Spenden. Denn dieses Erbe gehört allen Zahnärztinnen und Zahnärzten. Ich wünsche Ihnen trotz der schwierigen Zeiten eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Start ins Neue Jahr. Sascha Rudat Chefredakteur In der letzten Ausgabe der zm in diesem Jahr werfen wir den Blick an verschiedenen Stellen zurück. Da ist zum einen die direkt hinter uns liegende Vergangenheit dieses in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Jahres, das uns allen eine Menge abverlangt hat. Manch einer möchte es vermutlich auch gerne schnell vergessen, aber schon heute scheint sicher: Dieses Pandemie-Jahr 2020 wird sich ins kollektive Gedächtnis einbrennen. Wenn wir uns in der Zukunft unterhalten, wird jeder etwas zu dieser Zeit sagen können, ganz einfach, weil jeder betroffen war – der eine mehr, der andere weniger. Was wir aus dieser Zeit lernen? Das werden wir sehen ... Zugleich haben wir in den zm das ganze Jahr hinweg den Blick zurückgeworfen – in ein düsteres Kapitel der deutschen Vergangenheit. Mit unserer Serie Täter und Verfolgte im „Dritten Reich“ haben wir in der ersten Ausgabe dieses Jahres begonnen, in dieser Ausgabe erscheint der Abschlussbericht der Autoren. Das Projekt im Auftrag der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) war die erste systematische Aufarbeitung der Geschichte der Zahnärzteschaft in der Nazi-Diktatur. Anhand von Einzelschicksalen haben die Autoren die Rolle der deutschen Zahnärzteschaft zwischen 1933 und 1945 zu veranschaulichen versucht. Darunter waren Menschen, die aufgrund der mörde- rischen NS-Ideologie aus ihrem Beruf gerissen, um ihre gesellschaftliche Stellung und ihr Hab und Gut gebracht wurden und schließlich allzu oft den Weg in den Tod fanden. Anderen gelang die Flucht, dabei wurden Familien und Lebenswege zerrissen. Auf der anderen Seite die Täter, die das NS-Regime aktiv in seinem Rassenwahn unterstützten, bis hin zur Arbeit in den Vernichtungslagern. Daneben gab es die vielen Schreibtischtäter, ohne die die Nazi-Diktatur nicht mög- lich gewesen wäre. Nicht wenige gelangten nach dem Krieg wieder in Amt und Würden. Ein Grund, weshalb sich die Zahnärzteschaft lange mit der notwendigen Aufarbeitung dieses dunklen „Erbes“ so schwertat. Dass die Beschäftigung mit dieser Zeit nach wie vor zwingend notwendig ist, zeigt die Umbenennung des „Walkhoff- Preises“ der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung in „DGZ-Publikationspreis“ und die Diskussion darüber im zm-Leserforum. Vor diesem Hintergrund lässt einen die Geschichtsvergessenheit einiger politischer Akteure hierzulande hin und wieder erschaudern. Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

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