Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 110, Nr. 23-24, 1.12.2020, (2280) DIE SAMMLUNG PROSKAUER/WITT: EINE CHRONOLGIE 1927: Der jüdische Zahnarzt Curt Proskauer, auf dessen Initiative das Reichsinstitut für Geschichte der Zahnheilkunde gegründet wurde, verkauft seine auf 50.000 Reichsmark geschätzte umfangreiche Bibliothek und Privatsammlung dem Reichsverband der Zahnärzte Deutschlands. Mit der Sammlung hatte er 1907 begonnen. 1931: Die Fédération Dentaire Internationale (FDI) benennt das Reichsinstitut für Geschichte der Zahnheilkunde als „Internationale Zentralstelle für die Katalogisierung historischer Objekte aus der Zahnheilkunde“. 1933: Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wird Proskauer entlassen und verfolgt. Fritz H. Witt, Kommilitone Proskauers in Jena und Geschäftsführer des Reichsverbands, übernimmt die Betreuung der Sammlung und Bücherei und baut sie aus. 1937: Der Berliner NS-konforme Medizinhistoriker Walter Artelt folgt als Leiter des Reichsinstituts – Geschichte soll nun nach den ideologischen Grundsätzen der NSDAP umgedeutet werden. 1938: Proskauer wird ins KZ Buchenwald deportiert, kommt aber nach fünf Wochen frei und emigriert mit seiner Familie über Italien in die USA. 1954: Sammlung und Bibliothek – nicht unbeschädigt, aber im Kern erhalten – finden ein neues Zuhause im neu erbauten Zahnärztehaus in Köln, wo sie mit Unterstützung des damaligen Vorstands des Bundesverbandes Deutscher Zahnärzte (BDZ), der Zahnärztekammern der Länder sowie der KZBV erhalten, katalogisiert und erweitert werden. 1965: Die Neugründung des Forschungsinstituts für Geschichte der Zahnheilkunde folgt in Köln. Witt, bis 1956 Geschäftsführer des BDZ, leitet und betreut die Sammlung, das Institut und die Bücherei bis zu seinem Tod 1969. 1968: Robert Venter übernimmt die Leitung des Forschungs- instituts mit der Sammlung und der Bücherei. Der Jurist und zahnärztliche Multifunktionär war während der NS-Diktatur unter anderem Geschäftsführer der Deutschen Zahnärzteschaft. Von 1985 bis 1995 folgte als Leiterin des Forschungsinstituts die Kölner Medizinhistorikerin Marielene Putscher. Nach ihrem Ausscheiden wird das Forschungsinstitut mit der Sammlung und der Bücherei von der KZBV und der BZÄK aufgelöst. 1999/2000: Im Rahmen des Umzugs der BZÄK von Köln nach Berlin im Jahr 2000 wird dann die Sammlung in Containern in Berlin eingelagert. Zum Zeitpunkt der Auflösung umfasst die Deutsche Zahnärzte-Bücherei etwa 40.000 Fachbücher, Zeitschriftenbände und Dissertationen, darunter viele wertvolle historische Schriften. 2009: Der 2001 gegründete und 2003 in die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e. V. (DGZMK) eingegliederte „Arbeitskreis Geschichte der Zahnheilkunde“ über- nimmt die Aufarbeitung und die Dokumentation der Sammlung. 2013: Die Bestände werden gesichert und der wissenschaftlichen Forschung zugänglich gemacht – vor allem auf Betreiben des Arbeitskreises und mit der engagierten Unterstützung des der- zeitigen Vorstands der BZÄK. Wichtige Dokumente werden von der BZÄK dem Bundesarchiv in Berlin übergeben. 2017: Mitglieder des Forschungsprojekts „Zahnheilkunde im Nationalsozialismus“ sehen auf Initiative des Arbeitskreises das Historische Archiv der BZÄK ein und erfassen die eingelagerten Archivalien provisorisch. Dabei stellen sie fest, dass diese Archivalien eine zentrale Überlieferung für die Erforschung der Geschichte der deutschen Zahnmedizin in den vergangenen drei Jahrhunderten und (in Verbindung mit den Beständen des ehemaligen Museums) ein wichtiges Zeugnis der fachkulturellen Identität des Berufsstands darstellen. 2020: Der Vorstand der BZÄK beschließt formal den Umzug der Sammlung ins Dentalhistorische Museum im sächsischen Zschadraß. Am 6. November ist es soweit: Die Sammlung wird von Berlin nach Sachsen transportiert und findet endlich eine neue Heimat. Die Sammlung umfasst (schwere!) Röntgengeräte, Poliermaschinen und Behandlungseinheiten. 38 | GESELLSCHAFT

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