Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 110, Nr. 23-24, 1.12.2020, (2284) HILFE AUF LESBOS GEHT ENDLICH WEITER Arbeiten in Kara Tepe Dr. Alexander Schafigh, Dr. Armin Reinartz Nach einer halbjährigen Zwangspause darf die zahn- ärztliche Betreuung der Geflüchteten auf der Insel Lesbos endlich wieder aufgenommen werden. Im neuen Lager Moria 2.0 können Dr. Alexander Schafigh und seine Helfer allerdings nur in einem engen Rettungswagen behandeln. Der Bornheimer Zahnarzt hat mit Dental Emergency Team einen eigenen Verein gegründet, nachdem sich die Mutterorganisation Health-Point Foundation aus Griechenland zurückgezogen hatte. S eit dem Lockdown im Flücht- lingslager Moria auf Lesbos im März 2020 war neben einer mas- siven Einschränkung der allgemeinen medizinischen Betreuung auch die zahnärztliche Hilfe komplett wegge- brochen. Es wurden keine Zahnärzte mehr ins Lager gelassen. Zuvor waren dort regelmäßig ein bis zwei interna- tionale Zahnärztinnen und Zahnärzte im Einsatz. Bemühungen von Mitglie- dern des deutschen Vereins „Health- Point Foundation Support Germany e. V.“ auf die Insel zu kommen, muss- ten leider wegen der behördlichen Pandemie-Einschränkungen wieder- holt aufgeschoben werden. Als in der Nacht des 9. September mehrere Brände in Moria ausbrachen, wurden schätzungsweise 80 Prozent des Lagers zerstört. Den Flammen fiel auch die in einem Container unterge- brachte Zahnstation zum Opfer. Als Ursache wird bis heute Brandstiftung vermutet. Auf das Unglück folgten Tage des absoluten Chaos. Die Geflüchteten mussten auf der Straße campieren, bis die Polizei die Menschen ins eiligst errichtete neue Zeltlager brachte. Aus Angst, auch aus diesem neuen Lager nicht mehr heraus zu dürfen, weigerten sich zunächst viele Geflüchtete, der Aufforderung zu folgen. Ein Teil wurde aufs Festland evakuiert, insbesondere die unbegleiteten Minderjährigen. Den circa 8.500 verbliebenen Personen ließ man keine andere Wahl, als in die Zelte des neuen Lagers auf einem ehe- maligen Militärstützpunkt in Kara Tepe einzuziehen. Am 1. Oktober machten wir, Dr. Armin Reinartz aus Stolberg und Dr. Alexander Schafigh aus Bornheim, uns auf den Weg nach Lesbos, um die Wieder- aufnahme der zahnärztlichen Betreu- ung im neuen Lager auszuloten. Im Vorfeld hatte es etliche Zoom-Meetings und Telefonate mit möglichen Partnern aus Deutschland und Griechenland gegeben. ÜBER EINE NEUGEGRÜNDETE NGO ZURÜCK AUF DIE INSEL Der Durchbruch gelang einem Koordi- nator der „alten“ Zahnstation durch die Gründung einer eigenen griechischen NGO namens Crisis-Management- Association (CMA), die er erfolgreich bei den griechischen Gesundheits- behörden registrierte und für die er eine Lizenz für die Arbeit im Camp er- langte. Unter der Obhut der CMA ist die zahnärztliche Tätigkeit im Lager wieder erlaubt. Da der größte Teil des Inventars der Zahnstation bei dem Brand im Sep- tember verlorengegangen war, waren die Koffer prall gefüllt mit allem, was in einer Zahnarztpraxis so benötigt wird. Ausgerüstet mit einer mobilen Zahnarzt-Einheit, die von der Stiftung der Deutschen Apotheker- und Ärzte- bank zur Verfügung gestellt wurde, und einem Autoklav, gestiftet vom Dentalfachhandel Gerl in Köln, wollten wir am nächsten Tag gleich mit den Behandlungen loslegen – wäre der versprochene Container denn angeliefert worden. Die Nachricht, dass Zahnärzte im Camp anwesend sind, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Das von der Welt- gesundheitsorganisation mandatierte norwegische Emergency Medical Team versprach uns, am nächsten Tag einen Krankenwagen für uns freizuräumen. Darin hatte bis dahin die Hebamme des norwegischen Interventionsteams gearbeitet. Bis spät in die Nacht sterili- sierten wir auf unserem Hotelzimmer die mitgebrachten Instrumente im Autoklav. Das Team (v.l.n.r.): Dr. Armin Reinartz, Yasmin Hashemi, Daniela Neuendorf, Ann Christin Schafigh, Dr. Tannaz Westerberg DR. ALEXANDER SCHAFIGH 1. Vorsitzender Dental EMT Foto: Schafigh 42 | GESELLSCHAFT

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=