Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24
zur azidurischen, azidophilen und weiter zur dysbiotischen destruktiven Phase. Laktobazillen benötigen wir für den Säureschutzmantel der Schleimhaut- Epithelien im Mund – gleiches gilt für den Darm und die weibliche Genitale. Milchprodukte wie Joghurt und Käse wären ohne sie kaum denkbar, und auch Biersorten wie Berliner Weiße oder Leipziger Gose verleihen sie den typischen Geschmack. Auf die gleiche Weise vergären diese Milchsäurebakte- rien aber eben auch die Zuckerreste im Mund und schädigen damit die Zähne. Wenn man Laktobazillen (hohe Lak- tatproduktion und Säuretoleranz) zahnständig nachweist, so ist das ein akkurater (hohe Sensitivität und Spezi- fität) Hinweis auf Kariesprogression [Henne et al., 2015]. Bis heute, nach unzähligen Mikro- biomstudien zur Kariesätiologie, hat man noch weitere bedeutsame Arten ausgemacht, die azidogen, hoch-azido- tolerant und für den Kariogenese- Prozess wichtig sind (Abbildung 3): Aktinomyzeten, Atopobium, Bifido- bacterium und speziell auch Bifido- bacterium dentium, Rothia dento- cariosa, Parascardovia denticolens, Scardovia wiggsiae, Slackia exigua, sowie Streptococcus salivarius (und andere Streptokokken) [Henne et al., 2015]. Aktinomyzeten und Strepto- kokken sind Pioniere bei der Zahn- beziehungsweise Pellikel-Besiedlung und damit immer in der ersten Reihe, nahe am Zahn. Ihre Säureproduktion im Biofilm trägt immer zur Kariogenese bei. Die Informationen zu den anderen gelisteten Taxa dürften interessanter und außergewöhnlicher sein. In einer Studie aus dem Jahr 2019 hat ein deut- sches Forscherkonsortium ermittelt, dass Atopobium in Dentinläsionen um fast 15 Verdopplungsstufen erhöht war gegenüber gesunden Vergleichsproben und damit das Feld der kariogenen Spezies anführte [Wolff et al., 2019]. Die Arbeitsgruppe bestätigte auch die verlorene Diversität in zuckerprovo- zierten Bereichen der Mundhöhle von Kariespatienten, wie auch wir sie im einleitend beschriebenen Versuch gefunden haben. Bifidobakterien wie- derum sind Probiotika für den Darm. In der Mundhöhle haben wir sie ver- mehrt in besonders tiefen Läsionen ge- funden, und Bifidobacterium dentium scheint als Spätmarker der Dentin- karies geeignet [Henne et al., 2015]. Rothia dentocariosa hat sogar seinen Namen aufgrund der kariogenen Rolle erhalten. Es erzeugt seine Energie aus der Atmung, kann aber viele verschie- dene Zuckerarten (außer Milchzucker) verstoffwechseln und kommt häufig in Läsionen vor [Jiang, 2016]. Scardovia wiggsiae (und der verwandte Para- scardovia denticolens) ist ein „Rising Star“ am Himmel der Karieskeime und scheint bei frühkindlicher Karies eine Rolle zu spielen, während die Daten- lage bei Erwachsenen heterogen ist. Er scheint den Synergismus mit S. mutans zu benötigen [Henne et al., 2015; Kressirer et al., 2017]. Slackia exigua schließlich ist der noch am wenigsten untersuchte „neue“ Karies- erreger, da er schwer kultivierbar ist und so in Kultur-basierten Studien meist übersehen wurde. Nach den Er- gebnissen molekularer Studien zeigt Slackia eine hochsignifikante (p=0,002) Assoziation mit frühkindlicher Karies [Tanner et al., 2011]. DIE ROLLE EXTRAZELLULÄRER POLYSACCHARIDE Neben der weit verbreiteten Säure- produktion und der schon etwas spe- zielleren Säuretoleranz ist als Drittes die Produktion wasserunlöslicher extrazellulärer Polysaccharide (EPS) bei der Kariogenese von Bedeutung. Zur Wiederholung: Ohne diese Diffusions- barriere könnte die Säure den Zähnen nicht gefährlich werden, da wir genü- gend Puffersysteme (Karbonate, Phos- phate, Histidin-haltige Proteine) im Speichel besitzen. Die Produzenten dieser EPS sind ebenfalls mikrobieller Natur. Und hier kommen ein weiteres Mal die Mutans-Streptokokken (Sammel- name für S. mutans, S. sobrinus und wenige andere nah-verwandte Strep- tokokken) ins Spiel. Diese haben ein ganzes Arsenal extrazellulärer Enzyme, die Glykosyltransferasen (GTF). Diese spalten Haushaltszucker, führen den Fruktoseanteil der Glykolyse und Gä- rung (siehe oben) zu und nutzen die bei der Spaltung freiwerdende Energie zm 110, Nr. 23-24, 1.12.2020, (2299) WIR KÖNNEN SERVICE Qualität seit 20 Jahren DENTALSYSTEME www.f1-dentalsysteme.de • NSK LED/KaVo Mikromotor • 6-Wege-Funktionsspritze • Lichtturbineneinrichtung • NSK LED Zahnsteinentfernungsgerät • OP-Lampe Vision • Bottle-Care-System • Entkeimungssystem • Polsterfarbe wählbar • WLAN-Fußanlasser • 3-Wege-Funktionsspritze Zentrale Nord-West Tel.: (02261) 8074-00 | E-Mail: Info@f1-dentalsysteme.de Zentrale Süd-Ost Tel.: (07231) 28018-0 | E-Mail: deutschland@f1-dentalsysteme.de *Alle Preise in Euro zzgl. MwSt., Irrtümer vorbehalten. Beispielabbildung, kann nachpreispflichtige Ausstattung enthalten. 72 MONATE ab 302,66 € * RESTWERT 10% inkl. Montage, 24 Monate Garantie (Wert 1.000,00 €) BASIC LEASING 20.450,00 € * ZAHNMEDIZIN | 57
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