Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24
zm 110, Nr. 23-24, 1.12.2020, (2310) als die Verwendung von Mikropipetten oder die Extraktion der gesamten Zähne und die Pulverisierung der Wurzel- kanäle nach Anwendung der Kryo- technik [Shin et al., 2018; Manoil et al., 2020]. Auch die Anwendung ver- schiedener DNA-Extraktionsprotokolle kann zu unterschiedlichen DNA-Aus- beuten der verschiedenen Taxa führen und damit die Ergebnisse der Mikro- biom-Analyse beeinflussen. Manoil et al. [2020] betonten auch die Bedeu- tung der gleichzeitigen Durchführung von Negativkontrollen, die eine Kon- tamination der entnommenen Proben, insbesondere bei der Verwendung von kompletten Wurzelkanälen nach Zahnextraktion, ausschließen sollen. Um Variationen durch die angewandte PCR, Sequenziertechnik und Daten- verarbeitung auszuschließen, sollte eine sogenannte Mock Community mit einer definierten Artenzusammen- setzung als interner Standard verwen- det werden [Yeh et al., 2018]. In keiner der bisher durchgeführten Mikrobiom- Analysen zur Untersuchung endodon- tischer Infektionen durch NGS wurde eine solche interne Kontrolle verwen- det. Fehler bei den erhaltenen Ergeb- nissen können dadurch nicht ausge- schlossen werden. Dies liegt auch daran, dass es nicht genug Erfahrung in der Mikrobiom-Analyse infizierter Wurzelkanäle gibt, da in diesem Be- reich bisher nur sehr wenige Studien durchgeführt wurden. Zusätzlich zur Untersuchung der Mikro- biota schlagen Zehnder und Belibasakis [2015] vor, auch eine parallele Analyse von Immunmediatoren in den ent- nommenen mikrobiologischen Proben durchzuführen, um die Immunantwort des Wirts und damit das Krankheits- bild besser verstehen und mit den nachgewiesenen Mikroorganismen assoziieren zu können. FAZIT UND AUSBLICK Es ist mittlerweile erwiesen, dass eine Mikrobiom-Analyse durch NGS not- wendig ist, um die Ätiologie primärer und speziell sekundärer endodontischer Infektionen besser zu verstehen und damit zukünftig auch Zähne erhalten zu können, die heute aufgrund einer refraktären Parodontitis apicalis extra- hiert werden müssen. Dazu müssen mehr klinische Studien durchgeführt werden, bei denen auf folgende Prä- missen geachtet werden sollte: \ eine ausreichende Patientenzahl, \ die Erfassung der notwendigen kli- nischen Parameter der Patienten, \ eine adäquate Probenentnahme zur Erfassung von möglichst allen beteiligten Mikroorganismen, \ die Auswahl einer suffizienten DNA-Extraktionsmethode, die Auswahl von möglichst langen Abschnitten von mehreren variablen Regionen des 16S rRNA- Gens, um eine Erfassung der Mikrobiota auf Speziesebene zu ermöglichen, \ den Einbezug von Negativ- kontrollen zur Vermeidung von Kontamination mit der oralen Mikrobiota, \ das Heranziehen eines internen Standards (Mock Community), um Variationen durch die angewandte PCR und Sequenziertechnik sowie Datenverarbeitung auszuschließen, \ die Verwendung von einheitlichen Sequenzanalysen und spezifischen statistischen Methoden sowie den Vergleich der erhaltenen Sequenzen mit möglichst verschiedenen inter- nationalen Sequenzdatenbanken. Auf der Basis dieser grundlegenden Studien könnten dem Zahnarzt künf- tig Therapiemaßnahmen an die Hand gegeben werden, mit denen es gelingt, auch endodontische Problemzähne zu erhalten. So wäre durchaus denkbar, in solchen Fällen auf der Basis von definierten Probenentnahmeverfahren aus dem Wurzelkanal spezielle anti- bakterielle Verfahren einzusetzen, die über die Standardtherapie hinaus- gehen. Eine zusätzliche Betrachtung der Immunantwort des Patienten würde die Interpretation der Ergebnisse einer Mikrobiom-Analyse bei endodon- tischen Infektionen und die Vorhersag- barkeit eines Therapieerfolgs verbes- sern. Abbildung 2 zeigt schematisch die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mikrobiom-Analyse endodontischer Infektionen. \ Abb. 2: Schematische Darstellung zur Untersuchung der Ätiologie endodontischer Infektionen: Ein zentraler Punkt ist die Mikrobiom-Analyse, die unter der Betrachtung verschiedenster Parameter durchgeführt werden sollte. Neben der Mikrobiom-Analyse soll auch die Immunantwort des Wirts untersucht werden. Dadurch kann eine umfassende Beurteilung der Ätiologie endodontischer Infektionen erfolgen [Zehnder und Belibasakis, 2015]. Quelle: Prof. Dr. Ali Al-Ahmad Ätiologie endodontischer Infektionen Suffiziente DNA- Extraktionsmethode Auswahl eines geeigneten 16S rRNA-Genabschnitts Adäquate Probennahme Einbezug von Negativkontrollen Erfassung klinischer Parameter Verwendung von internen Standards (Mock Community) Ausreichende Patientenzahl Verwendung einheitlicher Sequenzanalysen Mikrobiom-Analyse endodontischer Infektionen Betrachtung der Immunantwort 68 | ZAHNMEDIZIN
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