Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 110, Nr. 23-24, 1.12.2020, (2324) ÜBERBLICK ÜBER DIE VERFOLGUNGSGESCHICHTEN UND SCHICKSALE Name (Lebensdaten) Waldemar Spier (1889–1945) Hans Sachs (1881–1974) Therese Schwarz (1893–1943) Hans Türkheim (1889–1955) Benno Elk (1879–1959) Ewald Fabian (1885–1944) Josef Elkan (1885–1972) Jenny Cohen (1905–1976) Erich Kohlhagen (1908–1970) Engelbert Decker (1889–1941) Susanne Duschner (1900–1942) und Fritz Duschner (1897–1943) Georg Michelsohn (1876–1968) Hermann Nelki (1863–1941) Erich Knoche (1884–1969) Julius Misch (1874–1942) Ernst Hausmann (1906–1963) Tab. 4; Quelle: Krischel Grund der Verfolgung Jüdische Herkunft und Identität Jüdische Herkunft Jüdische Herkunft Jüdische Herkunft und Identität Jüdische Herkunft und Identität Politische Opposition Jüdische Herkunft und Identität Jüdische Herkunft und Identität Jüdische Herkunft und Identität Homosexualität Jüdische Herkunft und Identität Jüdische Herkunft und Identität, politische Opposition Jüdische Herkunft und Identität Jüdische Herkunft Jüdische Herkunft und Identität Jüdische Herkunft und Identität Schicksal Deportation nach Auschwitz, starb dort 1945 Emigration nach New York, legte erneut zahnärztliches Examen ab und arbeitete als Zahnarzt Suizid, um einer Deportation nach Theresienstadt zuvorzukommen Emigration nach London, dort als Zahnarzt tätig, ab 1952 zu- sätzlich dazu Honorarprofessor an der Universität Hamburg Emigration über Belgien nach New York, dort als Schokoladenverkäufer tätig Emigration über Prag und Paris nach New York, 1934–1939 Herausgeber des Internationalen Ärztlichen Bulletins, danach in New York Arbeit als Kassenbote und Packer Emigration nach London, dort als Zahnarzt tätig Emigration über die Sowjetunion nach Schweden, dort Arbeit als Hausangestellte und später als Zahnärztin, ab 1947 in der Gesundheitsverwaltung der DDR tätig Zwischen 1938 und 1945 in Konzentrationslagern interniert, nach dem Krieg Emigration in die USA, wo er eine chemische Reinigung führte Suizid, um erneuter KZ-Haft und erzwungener Kastration zu entgehen Susanne Duschner wurde in dasVernichtungslager Maly Trostinez (bei Minsk) deportiert und dort ermordet, Fritz Duschner wurde nach Nisko im besetzten Polen deportiert, konnte von dort in die Sowjetunion fliehen und starb dort im Arbeitslager Unzhlag (bei Nischni Nowgorod) Schon 1933 Emigration ins britische Mandatsgebiet Palästina Mit 70 Jahren Emigration über Brüssel nach London Emigration nach La Paz (Bolivien), dort erneut zahnärztliches Examen, Arbeit als Zahnarzt, in der Bundesrepublik Ehren- mitglied der DGKFO Gemeinsam mit seiner Ehefrau Hertha ins Ghetto Litzmannstadt deportiert, wo Misch verstarb. Hertha Misch wurde im Vernichtungslager Kulmhof ermordet. Emigration über Spanien und Palästina nach Buenos Aires (Argentinien), dort erneutes Studium, anschließend Arbeit als Zahnarzt Heft zm 1-2/2020 zm 3/2020 zm 4/2020 zm 5/2020 zm 6/2020 zm 7/2020 zm8/2020 zm 9/2020 zm 10/2020 zm 11/2020 zm 12/2020 zm 14/2020 zm 15-16/2020 zm 18/2020 zm 20/2020 zm 22/2020 sozialismus noch nicht aus der Mitte der organisierten Zahnärzteschaft kam, son- dern vor allem von Mitgliedern der Ver- einigung Demokratische Zahnmedizin ausging 9 und es auch Anfang der 1990er- Jahre noch Widerstände vonseiten der Forschungsstelle für Geschichte der Zahn- heilkunde in Köln gab, 10 ist die Situation heute eine gänzlich andere. Im Rahmen der Pressekonferenz, bei der im November 2019 in Berlin die Ergebnisse des For- schungsprojekts zur Zahnmedizin im Nationalsozialismus vorgestellt wurden, war den Vertretern der drei fördernden Institutionen ihre tiefe Betroffenheit und ihr aufrichtiger Wunsch anzumerken, Licht in dieses dunkle Kapitel zu bringen. 11 ZUR FORSCHUNGSLAGE ZU VERFOLGTEN ZAHNÄRZTEN Über die quantitative Dimension der Verfolgung von Zahnärztinnen und Zahnärzten im Nationalsozialismus ist bereits seit Ende 2019 Einiges bekannt: 12 Mehr als 1.300 Zahnärztinnen und Zahnärzte gehörten zu den Verfolgten, dazu kommen mehr als 300 Zahntech- nikerinnen und Dentisten und mehr als 60 Studierende. Die Gründe der Verfolgung waren ganz überwiegend rassistischer Natur, die Personen wurden als Mitglieder der jüdischen Religion oder wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. Auch poli- tische Aktivität im linken Spektrum – als Kommunist, Sozialist oder Sozial- demokrat – konnte zum Entzug der Zulassung und zur Verhaftung führen. Ein Beispiel hierfür ist Ewald Fabian (1885–1944) aus Berlin, der bereits 1933 aus Deutschland floh und im Exil das Internationale Ärztliche Bulletin heraus- gab. 13 Die Anzahl der Fälle, in denen Personen aus politischen Gründen, aber 9 Krischel M, Schwanke E, Halling T, Westemeier J, Groß D (2017) . Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 72 (6), 477–480; 10 O.A. (2012) Recherchieren mit Hindernissen. Zahnärztliche Mitteilungen 102 (19 A), 2514; 11 Prchala G (2019) (https://www.zm-online.de/news/politik/fuer-eine-kultur-der-erinnerung-in-gegenwart-und-zukunft/ ) (18.11.2020); 12 Krischel M, Halling T (2019) (https://www.kzbv.de/zusammenfassung-verfolgte-zae-ns-krischel.download.d58f355624dd379709233850f82e145e.pdf ) (18.11.2020); 13 Krischel M, Halling T (2020) Zahnärztliche Mitteilungen 110 (7), 718–720; 82 | GESELLSCHAFT

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