Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 1-2

zm 111, Nr. 01-02, 16.1.2021, (30) D ie Instrumentenfraktur ist eine mögliche Komplikation im Rah- men einer Wurzelkanalbehand- lung, deren Inzidenz Instrumenten- abhängig stark schwankt und mit bis zu 7,4 Prozent pro Behandlung am höchsten bei Stahlinstrumenten aus- fällt [Amza, 2020]. Das frakturierte Instrument erschwert das Ziel der vollständigen chemomechanischen Aufbereitung des Wurzelkanalsystems, infolgedessen können Gewebereste und Bakterien im Endodont persis- tieren [McGuigan, 2013]. Die Nicht- erschließung von Wurzelkanalbereichen ist der Hauptgrund für persistierende apikale Parodontitiden, weshalb eine Instrumentenentfernung fall- spezifisch durchaus zu erwägen ist [Nair, 2006]. Es existieren verschiedene Techniken und Methoden, mit denen Instrumente entfernt werden können [Madarati, 2013]. Im Speziellen soll hier auf die Entfernung mittels einer selbst her- stellbaren Tube-Dorn-Apparatur einge- gangen werden. Diese Technik ist bei langen Fragmenten indiziert, wenn der koronale Anteil des zu entfernenden Instruments im koronalen oder im mittleren Wurzeldrittel lokalisiert ist (Abbildung 1). Der apikale Instrumenten- anteil kann hierbei im mittleren oder im unteren Wurzeldrittel oder sogar über den Apex hinaus lokalisiert sein [Arnold, 2013]. Die Voraussetzung zur Anwendung dieser Technik ist, dass das Instrument im koronalen Anteil 2 bis 3 mm gerad- linig freigelegt wird, damit eine kleine, seitlich aufpräparierte Kanüle das Frag- ment umfassen kann. Das koronale Fragmentende ragt aus der lateralen Öffnung der Kanüle idealerweise hinaus (Abbildung 2). Im Anschluss wird ein Stempel vorsichtig nach apikal bewegt und das Fragment in der Kanüle mechanisch an drei Punkten verkeilt. Mit vorsichtigen, der Situation ange- passten Bewegungen kann das Instru- ment schließlich herausgezogen wer- den. Solche Tube-Dorn-Apparaturen können im Dentalhandel erworben (zum Beispiel IRS Instrument Removal System, Jadent, Aalen, Deutschland) oder (wie hier auch) selbst hergestellt werden. In beiden unten beschriebenen Fällen wurde die Tube-Dorn-Apparatur aus einer stumpfen Spülkanüle mit einem Innendurchmesser von 0,6 mm (ANEL stumpfe Kanüle ø 0,6 mm, Dispomed Witt, Gelnhausen, Deutschland) und einem Ligaturendraht (Remanium vorgefertigte Ligaturen, ø 0,25 mm, Dentaurum, Ispringen, Deutschland) konstruiert. Die Spülkanüle muss den Anforderungen entsprechend indivi- dualisiert werden. Im ersten Schritt wird die Krümmung der Kanüle an die Position des Frag- ments angepasst und kontrolliert, ob der Außendurchmesser eine Umfas- sung des Fragments zulässt. Im An- schluss wird das seitliche Fenster mit einem schnelllaufenden Diamanten unter Wasserkühlung präpariert. Bei Abb. 1: Schematische Darstellung des Indikationsbereichs der Tube-Technik abhängig von der Lage des Fragments: a – koronal; b – koronal mit Extrusion über den Apex; c – mittleres Wurzeldrittel; d – mittleres Wurzeldrittel mit Extrusion über den Apex Abb. 2: Entferntes Instrument in der selbst gebauten Tube-Dorn- Apparatur: a – Übersicht; b – Detailansicht: roter Pfeil – Bewegungs- richtung des Stempels, roter Kreis – in der Kanüle verkeiltes Fragment ENDODONTIE Fragmententfernung mit selbst gebauter Tube-Dorn-Apparatur Sascha Herbst, Falk Schwendicke Die Entfernung frakturierter Instrumente stellt klinisch eine Herausforderung dar und ist meistens mit einem hohen apparativen Aufwand verbunden. In einigen Fällen können jedoch auch einfache Apparaturen zu einem guten klinischen Ergebnis führen. Nachfolgend werden zwei Fälle gezeigt, bei denen jeweils ein Instrument mit einer selbst hergestellten Tube-Dorn- Apparatur entfernt werden konnte. Grafik: Sascha Herbst a a b c d b 32 | ZAHNMEDIZIN

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