Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 1-2

zm 111, Nr. 01-02, 16.1.2021, (40) Fortbildung Orales Mikrobiom Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mikroorganismen leben seit Milliarden Jahren auf dieser Erde – lange vor uns Menschen. Die Vorstellung, dass wir „Holobionten“ sind – Metaorganismen, die zumeist in friedlicher Eintracht mit Bakterien auf unseren äußeren und inneren Körperoberflächen leben –, ist faszinierend. Dies auch und gerade in Zeiten einer Pandemie. In der modernen Mikrobiomforschung beschäftigt man sich mit der Rolle unserer mikrobiellen Lebensgemeinschaften in der Ätiologie einer Vielzahl von Erkrankungen. Bei der Betrachtung von Krankheitsgeschehen haben die Konzepte der Symbiose und Dysbiose Einzug gehalten – das gilt auch für die Mundhöhle. Krankheitsbilder, mit denen wir uns in der Zahnmedizin täglich beschäftigen, sind ätiopathogenetisch durch ein charakteristisches dysbiotisches Mikrobiom gekennzeichnet. Dementsprechend rückt die Wiederherstellung eines mit Gesundheit assoziierten Mikrobioms als therapeutisches Ziel in den Fokus. Zur Bedeutung des oralen Mikrobioms für die Mundgesundheit gibt es mittlerweile viele Erkenntnisse. Im vorliegenden Fortbil- dungsteil wollen wir Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zu diesem Thema geben. Herzlichst Ihre Søren Jepsen (Bonn), Elmar Hellwig (Freiburg) Die Komposition des subgingivalen Bio- films ist seit langer Zeit im Fokus der paro- dontalen Forschung. Moderne Methoden des Next-Generation-Sequencing erlauben die Erfassung des gesamten subgingivalen Mikrobioms und führen zu einem bes- seren Verständnis der Volkskrankheit Parodontitis. Univ.-Prof. Dr. Benjamin Ehmke et al., Münster, geben einen Überblick über die Fortschritte in diesem Bereich. Mukositis und Periimplantitis sind häufige und mit einem submukosalen Biofilm assoziierte Erkrankungen. Neue Unter- suchungen haben das submukosale Mikrobiom in den verschiedenen Stadien periimplantärer Entzündungen charakte- risiert und stellen eine Korrelation mit dem Grad der Dysbiose fest. Dr. Annika Kröger et al., Birmingham, beschreiben in ihrem Beitrag den aktuellen Stand der Forschung. Die Forschung zum Darmmikrobiom ist derzeit am weitesten vorangeschritten. Der Fortbildungsbeitrag von Mezö et al., Freiburg , der sich mit den Zusammen- hängen von Darmmikrobiom und neuro- degenerativen Erkrankungen beschäftigt, soll aufzeigen, wie sich (möglicherweise) zukünftige Forschungsprojekte in der Zahnmedizin mit allgemeinmedizinischen Problem- und Fragestellungen verknüpfen lassen. Der menschliche Organismus ist nicht von seinem Mikrobiom zu trennen. Gemein- sam bilden sie einen „Superorganismus“ oder „Holobionten“. Der Beitrag von Prof. Dr. Stefan Rupf und Prof. Dr. Matthias Hannig, Homburg, führt in den Fortbildungsteils „Mikrobiom“ ein und zeigt, welchen Einfluss die Mikro- biomforschung auf die moderne orale Gesundheitspflege gewinnen kann. Für die Kariogenese spielen die Metaboli- sierung von Zucker und die damit verbun- denen Prozesse von Säureproduktion und der Ausbildung von Diffusionsbarrieren eine zentrale Rolle. Der Beitrag „Das orale Mikrobiom und seine kariogenen Spezies“ von Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Georg Conrads, Aachen, skizziert den Stand der Forschung und gibt einen Ausblick auf mögliche Therapieansätze. Was spielt sich im Zahninnern und im peri- apikalen Gewebe ab, wenn Entzündungen entstehen? Warum sind Behandlungen er- folgreich oder scheitern? Antworten darauf könnte die Mikrobiomforschung geben, die mit neuen Untersuchungsmethoden das Keimspektrum des Endodonts in den Fokus genommen hat. Prof. Dr. Ali Al-Ahmad und Prof. Dr. Elmar Hellwig, Freiburg, skizzieren den aktuellen Wissensstand. AB SEITE 44 AB SEITE 50 AB SEITE 56 IN DER ZM 23-24/2020 IN DER ZM 23-24/2020 IN DER ZM 23-24/2020 Foto: Benjamin Ehmke Foto: Mezö Foto: Moritz Kebschul 42 | ZAHNMEDIZIN

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