Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (136) PARODONTOLOGIE Periimplantäre Infektionen – ein Update mit Ausblick Frank Schwarz, Amira Begic, Ausra Ramanauskaite, Karina Obreja Das Management periimplantärer Infektionen stellt nach wie vor eine große Herausforderung in der täglichen Praxis dar. In dem vorliegenden Beitrag werden aktuelle Aspekte zu den klinischen Charakteristika, der Diagnostik, assoziierten Risikofaktoren sowie möglichen Therapieoptionen vermittelt. P eriimplantäre Infektionen sind pathologische Prozesse, die durch entzündliche Veränderungen im suprakrestalen Bindegewebe um zahnärztliche Implantate charakteri- siert sind. Sie treten sowohl an Titan- als auch an Keramikimplantaten (Zir- kondioxid) auf [Schwarz et al., 2018; Fretwurst et al., 2020; Becker et al., 2017] (Abbildung 1). Das Fortschrei- ten der Erkrankung führt zu einem progressiven, nicht-linear verlaufen- den Knochenverlust [Schwarz et al., 2018; Berglundh et al., 2018]. Die Progression ist sowohl im nativen als auch im augmentierten Knochen weitestgehend vergleichbar [Carcuac et al., 2020]. KLINISCHE CHARAKTERISTIKA UND DIAGNOSTIK Periimplantäre Infektionen lassen sich durch einfache klinische Maß- nahmen wie visuelle Inspektion, Palpation und periimplantäre Sondie- rung diagnostizieren [Berglundh et al., 2018]. Durch die Abnahme der Suprakonstruktion können die kli- nischen Befunde genauer bestimmt werden [Serino et al., 2013]. Zu den häufigsten klinischen Entzün- dungszeichen zählen erythematöse und hyperplastische Veränderungen im Bereich der periimplantären Mu- kosa, die mit einer positiven Blutung auf Sondierung (BOP) in Verbindung stehen [Berglundh et al., 2018]. Im Vergleich zu gesunden periimplantä- ren Gewebestrukturen sind die BOP- Werte direkt mit den Diagnosen periimplantäre Mukositis (median, Patientenlevel: 24,4 Prozent; Implan- tatlevel: 33 Prozent) und Periimplan- titis (median, Patientenlevel: 83 Pro- zent; Implantatlevel: 100 Prozent) korreliert [Ramanauskaite et al., 2018]. Der BOP-Erhebung kommt demnach eine Schlüsselfunktion bei der Diagnostik periimplantärer Infek- tionen zu. Klinische Daten zeigen zudem, dass die Periimplantitis bei 16,7 bis 28,7 Prozent der untersuchten Implantate sowie bei 30,1 bis 54,4 Prozent der Patienten mit einer Suppuration in Verbindung steht [Ramanauskaite et al., 2018; Fransson et al., 2008; Monje et al., 2020]. Da eine Suppu- ration weder im Bereich gesunder Gewebestrukturen noch bei klinisch manifester periimplantärer Mukositis beobachtet werden konnte, kann sie als charakteristisches Merkmal einer Periimplantitis betrachtet werden. Das Fehlen einer Suppuration schließt die Diagnose Periimplantitis jedoch nicht aus [Ramanauskaite et al., 2018; Monje et al., 2020]. Statt nur die Absolutwerte zu betrach- ten, sollten für die Bewertung von Sondierungstiefen die Veränderungen zu früheren Messungen – zum Bei- spiel nach Eingliederung der Supra- konstruktion – herangezogen werden [Schwarz et al., 2018; Berglundh et al., 2018]. Grundlegend geht die Peri- implantitis mit einem Anstieg der Sondierungstiefen einher. In einer kli- nischen Querschnittsuntersuchung waren diese Werte bei einer klinisch manifesten Periimplantitis (Patienten- level: min: 2,20 mm, max: 7,67 mm; Implantatlevel: min: 3,17 mm, max: 9,00 mm) signifikant höher als bei einer diagnostizierten periimplantären Abb. 1a: Klinische Anzeichen einer etablierten Periimplantitis (BOP, Suppuration, Sondierungstiefe ≥ 6 mm) Abb. 1b: Intraoperative Darstellung der für die Periimplantitis typischen zirkumferentiellen knöchernen Defektkomponenten Abb. 1c: Vergleichbare Charakteristika können auch an Keramikimplantaten beobachtet werden. UNIV.-PROF. DR. MED. DENT. FRANK SCHWARZ Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie, Fachbereich Medizin Goethe-Universität Frankfurt, Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Carolinum Zahnärztliches Universitäts- Institut gGmbH Theodor-Stern-Kai 7, Haus 29, 60596 Frankfurt am Main f.schwarz@med.uni-frankfurt.de Foto: Ellen Barbara Reitz 1a 1b 1c 18 | ZAHNMEDIZIN

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=