Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (158) Die Ätiologie wird als multifaktoriell angesehen. Neben genetischen Kom- ponenten spielen Umweltfaktoren, okklusaler Stress und Ernährungs- gewohnheiten eine Rolle [Santhana- krishnan und Rangarao, 2014]. Die Größe der Tori reicht von einigen Millimetern bis zu mehreren Zenti- metern im Durchmesser [Reichart et al., 1988]. Je nach Lokalisation und Ausdehnung können Exostosen zu Phonations- störungen, Ulzerationen der Mund- schleimhaut, mastikatorischen Dys- funktionen oder prothetischer Insta- bilität führen [Eggen und Natvig, 1994]. Radiologisch erscheinen Tori in der Regel mit einer geringfügig höheren Dichte als die der umgebenden Kno- chen. Eine radiologische Diagnostik (zum Beispiel DVT oder Mundboden- aufnahme) ist bei klinisch eindeuti- gem Befund nicht immer notwendig und sollte nur in begründeten Fällen zur erweiterten Diagnostik genutzt werden. Die histologische Begutach- tung zeigt in der Regel ein ähnliches Bild wie die Struktur des normalen Knochens mit einer leicht erhöhten Porosität und geringer ausgeprägten Markräumen. Eine Therapie ist nicht immer indi- ziert. Bei Symptomfreiheit kann ein konservatives Therapieregime mit kli- nischen Kontrollen, gegebenenfalls in Kombination mit radiologischen Kontrollen, ausreichend sein. Die häufigsten Gründe zur Entfernung von Exostosen sind neben Ulzeratio- nen, Phonationsstörungen, prothe- tische Gründe sowie ästhetische Ansprüche des Patienten und die Verwendung von Exostosen als auto- genes Graft für parodontale und implantologische Eingriffe [Karaca et al., 2019]. Die chirurgische Entfernung der Tori kann je nach Größe und Lokalisation in Lokalanästhesie oder Intubations- narkose erfolgen. Nach Abheilung ist in der Regel mit einer Restitutio ad integrum zu rechnen. Trotzdem soll- ten Patienten über mögliche Kompli- kationen aufgeklärt werden. Dazu zählen neben der Perforation des Nasenbodens bei Entfernung eines Torus im Bereich des Gaumens vor allem die Schädigung des Nervus lin- gualis sowie eine Devitalisierung von Zähnen durch Wurzelverletzungen bei der Entfernung von Exostosen im Unterkiefer. Differenzialdiagnostisch sollte neben den primären Knochentumoren wie dem Osteom und dem Osteoblastom auch an odontogene Tumore wie das Odontom oder das Zementoblastom gedacht werden. Diese in der Regel ebenfalls langsam progredienten Be- funde sind oft nur radiologisch oder histologisch von Exostosen abzu- grenzen. Demgegenüber stehen hoch aggressiv wachsende Tumore mesen- chymalen Ursprungs wie das Osteo- sarkom [Kämmerer et al., 2012]. Bei rasch voranschreitenden Befunden mit Symptomen wie Zahnlockerung, Blutungen und Sensibilitätsstörungen sollte dringend eine histologische Untersuchung angestrebt werden. \ Foto: Philipp Matheis Abb. 4: Entfernte Exostosen Foto: MKG-Chirurgie Universitätsmedizin Mainz Abb. 5: DVT postoperativ. FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Tori sind benigne höckerartige Vor- sprünge, die sich sowohl im Unter- als auch im Oberkiefer finden. \ Prothetische Gründe, Ulzerationen oder Phonationsstörungen können eine Indikation zur Entfernung darstellen. \ Bei rascher Größenprogredienz ist eine histologische Untersuchung unbedingt anzustreben. CME AUF ZM-ONLINE Exostosen im Unterkiefer Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME- Punkte der BZÄK/ DGZMK. PD DR. DR. PEER W. KÄMMERER, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: privat 40 | ZAHNMEDIZIN

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