Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3
zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (162) PIONIERINNEN DER WISSENSCHAFTLICHEN ZAHNMEDIZIN Sie setzten bleibende Zeichen Dominik Groß Bis weit ins 20. Jahrhundert war die universitäre Zahnheilkunde – gerade in der Bundesrepublik – männlich. Doch es gab sie: Zahnärztliche Wissenschaftlerinnen, die sich frühzeitig in einem männerdominierten akademischen Umfeld behaupteten und bleibende Zeichen setzten. In insgesamt sechs Beiträgen beleuchten wir in dieser und den folgenden Ausgaben das Leben von Wegbereiterinnen der wissenschaftlichen Zahnmedizin. I m Wintersemester 2019/20 waren in Deutschland ins- gesamt 15.396 Studierende im Fach Zahnheilkunde immatrikuliert; davon waren 10.029 – rund zwei Drit- tel – Frauen. 1 Dieses Zahlenverhältnis ist seit der Jahr- tausendwende in etwa gleich und wird regelmäßig unter dem (durchaus umstrittenen) Schlagwort „Feminisierung“ diskutiert. Doch die Diskussion über die Rolle und den Stellenwert von Frauen in der zahnärztlichen Berufsgruppe ist keines- falls neu. Sie wurde bereits vor 130 Jahren geführt – aller- dings unter umgekehrten Vorzeichen: 2 Damals waren Frauen in Deutschland noch nicht zum Studium der Zahnheilkunde zugelassen. Erst in der Prüfungsordnung für Ärzte, Zahnärzte und Apotheker des Jahres 1899 wurde verbindlich festgelegt, dass ihnen der Zugang zu den drei genannten Berufen zu gewähren sei. Als erster Staat öffnete das liberale Baden 1900 den Studiengang für an- gehende Zahnärztinnen; als letzte folgten die reaktionär eingestellten preußischen Universitäten im Jahr 1908. Doch die Anzahl weiblicher Zahnärzte blieb zunächst gering: So waren 1927 lediglich 340 der insgesamt 8.565 Zahnärzte (4,1 Prozent) weiblichen Geschlechts. Noch im Jahr 1956 lag die Quote der Frauen innerhalb der bundes- deutschen Zahnärzteschaft bei lediglich 13,3 Prozent. Auch gut drei Jahrzehnte später – 1988 – waren noch immer mehr als drei Viertel aller Zahnärzte Männer. Sehr viel höher lag der Anteil der Zahnärztinnen in der DDR – ein Faktum, das sich im Zuge der Wiedervereini- gung auf die gesamtdeutsche Bilanz auswirken sollte: Waren in der BRD noch 1988 nur 12.687 Zahnärztinnen registriert, stieg ihre Zahl 1992 – nach Einbezug der ehe- maligen DDR – auf 23.676 beziehungsweise 33,1 Prozent. Auch bei den Studienanfängern zeigte sich nun eine Trendwende: 1992 betrug der Frauenanteil unter den Erstsemestern bereits 47,8 Prozent und innerhalb von zehn Jahren nahm diese Quote bis auf 62,6 Prozent (2002) zu. DER LANGE WEG ZUR CHANCENGLEICHHEIT Die Zulassung von Frauen zum Studium bedeutete noch lange keine wissenschaftliche Chancengleichheit. Im Ge- genteil: Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war die universitäre Zahnheilkunde – gerade in der Bun- desrepublik – männlich dominiert. 1988 etwa lag hier der Anteil der männlichen Lehrstuhlinhaber bei 92,7 Prozent, und erst 2013 stand mit Bärbel Kahl-Nieke erstmals eine Frau an der Spitze der führenden wissenschaftlichen Fach- gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). DIE NEUE ZM-REIHE „PIONIERINNEN DER ZAHNMEDIZIN“ Dorothea Dausch-Neumann (zm 8/2021) Foto: Deutscher Zahnärzte-Kalender 16 (1957), 120 Gisela Schützmannsky (zm 7/2021) Foto: Deutscher Zahnärzte-Kalender 39 (1980), 65 Anna-Luise Gentz (zm 6/2021) Foto: Deutscher Zahnärzte-Kalender 39 (1980), 65 Herta Byloff-Clar (zm 5/2021) Foto: Byloff (2020) Elsbeth von Schnizer (zm 4/2021) Foto: BArch, NS 44/121, Bl. 69 Maria Schug-Kösters (zm 3/2021) Foto: Deutscher Zahnärzte-Kalender 13 (1954), 70 1 Statistisches Bundesamt 2020; 2 Groß D (1998); Groß D (2009); Groß D, Schäfer G (2009); Groß D, Schäfer G (2011); 3 Groß D (2019). 44 | GESELLSCHAFT
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