Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3
zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (163) Und doch gab es sie: Die wissenschaftlichen Pionierinnen der Zahnheilkunde, die sich frühzeitig in einem männer- dominierten akademischen Umfeld behaupteten und bleibende Zeichen setzten. Ebendieser ersten Generation erfolgreicher Hochschullehrerinnen ist die neue zm-Reihe gewidmet. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Frage, welche Hürden sie in ihrem beruflichen Umfeld zu überwinden hatten beziehungsweise welche Faktoren letztlich dafür maßgeblich waren, dass sie im Fach bleibende Spuren hinterließen. Vorgestellt werden sechs Zahnärztinnen der Jahrgänge 1900 bis 1921, die sich über – teils erhebliche – Wider- stände unterschiedlicher Natur hinwegsetzten und letzt- lich in ihrem Bereich zu Wegbereiterinnen wurden. Zu diesen Ausnahmen gehörte die 1900 geborene doppel- approbierte Maria Schug-Kösters . Sie habilitierte sich 1931 als erste Frau in Deutschland in der Zahnheilkunde, arrivierte zur außerordentlichen Professorin und zählte auch international zu den bedeutenden Vertretern des Faches Zahnerhaltung. Schug-Kösters kam der gleichaltrigen Elsbeth von Schnizer nur knapp zuvor: Letztere erlangte im Juli 1932 die Venia Legendi und wurde später außerplanmäßige Professorin, verlor jedoch 1945 ihre universitäre Anstel- lung aufgrund einer NSDAP-Mitgliedschaft. Schnizers Schwerpunkt war die Kieferorthopädie. Demselben Fach verschrieb sich die 1914 geborene Öster- reicherin Herta Byloff-Clar . Sie begründete ihre Karriere in der Zeit nach dem „Anschluss“ Österreichs ans Deut- sche Reich (1938): 1939 bestand sie in Graz das Staats- examen und die Promotion. Sie wurde zur ersten für das Fach Kieferorthopädie habilitierten Frau in Österreich und galt im deutschsprachigen Raum als frühe und pro- minente Vertreterin des Multibandsystems. Eine ähnlich prominente Rolle in diesem Fach erlangte Dorothea Dausch-Neumann (Jahrgang 1921). Die Leip- zigerin wechselte in den 1950er-Jahren von der DDR in die Bundesrepublik und wurde hier zur ersten Zahnärztin, die ein Ordinariat (ordentliche Professur) erlangte. Sie wurde 2011 anlässlich ihres 90. Geburtstags mit einem Symposium geehrt. Demgegenüber bewarb sich die 1920 geborene Anna-Luise Gentz – trotz entsprechender Aufforderung – nicht um eine Professur. Dennoch wurde sie durch ihre Pionierarbeit an der Universität Bonn im Fach Kinderzahnheilkunde zu einer zentralen Figur, wie viele Auszeichnungen bezeugen (unter anderem Bundesverdienstkreuz am Bande und Hermann-Euler-Medaille). Gisela Schützmannsky , ebenfalls 1920 geboren, war ihrerseits die führende Kinderstomatologin in der DDR und zugleich die erste Dozentin für Kinderzahnheilkunde an einer deutschen Universität. Sie wurde wenige Jahre nach ihrer Habilitation (1957) in Halle an der Saale zur Professorin ernannt und brachte es ebenfalls zu etlichen Ehrungen (unter anderem Hufeland-Medaille und Ver- dienter Arzt des Volkes). PIONIERINNEN DER ZAHNMEDIZIN – TEIL 1 Maria Schug-Kösters – erste habilitierte Zahnärztin in Deutschland Dominik Groß Maria Schug-Kösters (1900–1975) war 1928 die erste Frau in Deutschland, die eine Doppelapprobation für Zahnheil- kunde und Medizin erlangte. Zudem erhielt sie 1932 als erste Deutsche die Venia Legendi für das Fach Zahnheilkunde. Wer war diese Hochschullehrerin, welche Widerstände musste sie überwinden und wie entwickelte sich ihre Karriere? M aria Kösters (Abbildung 1) 1 wurde am 24. Februar 1900 in Köln-Deutz geboren. 2 Sie war die Tochter des Apothekers und späteren Bergwerkdirektors Emil Kösters (*1864) und der Niederlände- rin Louise Kösters (*1864). Sie ab- solvierte das Abitur am heutigen St. Marien-Gymnasium in Regensburg und nahm im Herbst 1919 in Münster das Studium der Medizin auf. Seit dem dritten Semester belegte sie zusätzlich das Studienfach Zahn- heilkunde. 1921 wechselte sie an die Universität München. Hier legte sie im Mai 1923 die zahnärztliche Prüfung ab und 1 Bildquelle: Deutscher Zahnärzte-Kalender 13 (1954), 70; 2 BayHStA München, MK 55237 und MK 69612; Heiß (1960); Heuser (1965 und 1970); Ketterl (1965 und 1975); Reichenbach (1965 und 1970); Friederich (1968), 39, 113; Egerer-Röhricht (1971), 145–154; Ring (1975 und 1979); Scheckel (1976), 46, 63f.; Locher (1998), 16, 51, 91–93; Lange (2000); Beck (2009) GESELLSCHAFT | 45
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