Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (177) autologen Knochenblöcken aus der linea obliqua externa des Unterkiefers vermieden werden. Insgesamt kön- nen ausgedehnte Augmentationen häufig unter der Verwendung von intraoral gewonnenem autologen Knochen ambulant und auch in Lokal- anästhesie durchgeführt werden. Aus Sicht der Autoren hat der be- schriebene Patientenfall mit Einsatz der Schalentechnik nach Khoury im Vergleich zu ihren Alternativen meh- rere Vorteile [Khoury, 2009; Khoury et al., 2015]. Zunächst kann der Alveolarkamm entsprechend seiner Anatomie rekonstruiert werden. Die geteilten Knochenblöcke stellen da- bei die äußere formgebende Kortikalis dar und ermöglichen eine ausgezeich- nete mechanische Ruhe während der Einheilung des Augmentats. Der aug- mentierte Spaltraum zwischen den Blocktransplantaten und dem orts- ständigen Knochen entspricht dem spongiösen Knochenanteil, der durch seine gute Vaskularisierung vorteil- haft in Bezug auf das Remodeling des augmentierten Knochens und somit auf die Osseointegration der Implan- tate ist. Transplantate aus der Retro- molarregion des Unterkiefers weisen im Mittel eine Dicke von 3 mm auf. Bei der gängigen Monoblocktechnik kann der Kieferkamm lediglich um diesen Betrag verbreitert werden. Bei größeren Defekten muss deshalb auf extraorale Spenderregionen zurück- gegriffen werden. Bei der hier vorge- stellten Technik können die Knochen- schalen auf Distanz zum ortsständi- gen Knochen fixiert werden. Deshalb besteht hier keine Limitation in Bezug auf die Dicke des retromolar gewon- nenen Transplantats. Die Osteosyntheseschrauben können nach Einheilung der Transplantate durch einen kleinen Schnitt über dem Schraubenkopf transmukosal entfernt werden. Dies verhindert ein erneutes großflächiges Denudieren des Knochens. Somit kann die er- neute Resorption des augmentierten Knochens minimiert werden. Für den Patienten stellt sich die Folge- operation (Implantation oder Frei- legung) postoperativ als schmerz- und schwellungsarm dar. Auch lang- fristig zeigt sich bei der Verwendung von intraoralem Knochen eine gute Volumenstabilität der augmentierten Areale [Korsch et al., 2019]. Des Wei- teren kann die Technik bei mehr- wandigen Defekten einzeitig, also mit simultaner Implantation, erfolgen. Als Nachteil der intraoralen Knochen- blockentnahme aus der Retromolar- region des Unterkiefers muss die Ent- nahmemorbidität genannt werden. Dabei können Schwellungen sowie gegebenenfalls Hämatome auftreten. Der postoperative Wundschmerz ist im Verhältnis zu den sich ergebenden Schwellungserscheinungen jedoch meist überschaubar. Eine Schädigung des Nervus alveolaris inferior oder eine Kieferfraktur sind zwar sehr seltene, jedoch mögliche Komplika- tionen. Durch eine präoperative DVT- Diagnostik lassen sich diese Opera- tionsrisiken gut einschätzen. Dage- gen müssen die Entnahmemorbidität bei der Gewinnung von extraoralem Spenderknochen, eine entsprechende Schädigung von Nerven oder eine Knochenfraktur in diesem Bereich ge- nauso wie eine denkbare Krankheits- übertragung bei der Verwendung von zellulären allogenen Knochen- transplantaten abgewogen werden. Des Weiteren muss das Teilen der Knochenblöcke bei der Khoury-Tech- nik sowie deren Fixierung als opera- tiv anspruchsvoll gesehen werden, insbesondere im Vergleich zum Ein- satz einer Kombination aus parti- kulären Augmentationsmaterialien und Kollagenmembranen bei GBR- Techniken. Bei jeder Knochenblock- transplantation muss auch die post- operative Infektionsgefahr des Trans- plantats kritisch hinterfragt werden, die bei monokortikalen Blöcken häufig zum Totalverlust führt. Bei der Verwendung von Knochenschalen kommt es bei Dehiszenzen in der Regel zu einer oberflächlichen Infek- tion, die sich durch lokale Desinfek- tionsmaßnahmen gut beherrschen lässt. Dadurch stellt ein Totalverlust des Augmentats ein seltenes Ereignis dar. Insgesamt können durch die Kom- bination von intraoralem Spender- knochen und der von Khoury be- schriebenen Augmentationstechnik viele Situationen sicher beherrscht werden, in denen horizontale und/ oder vertikale Augmentationen not- wendig sind. In vielen Fällen können extraorale Spenderregionen vermie- den werden. \ Alle Fotos: Korsch, Prechtl Abb. 10: Zustand eine Woche nach Freilegung der Implantate 13, 12 und 22: Die keratinisierte Mukosa wurde durch einen Verschiebelappen von palatinal nach vestibulär verlagert. Das abgeflachte Vestibulum wurde in einem Zweiteingriff durch eine Vestibulumplastik in Kombination mit freien Schleimhauttransplantaten rekonstruiert. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. ZAHNMEDIZIN | 59

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