Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (126) Leserforum Foto: stock.adobel.com ODONTOGENE SINUSITIS SCHONENDE CHIRURGIE Zum Beitrag „Odontogene Nasennebenhöhlenerkran- kungen: Therapie einer odontogenen Sinusitis“, zm 21/2020, S. 70. In dem Beitrag wird kasuistisch die Therapie einer chronischen odontogenen Sinusitis maxillaris mit Kieferhöhlen-Revision über einen osteoplastischen Zugang und Infundibulotomie beschrieben. Die ätiologisch vermutete rezidivierende Mund-Antrum-Verbin- dung nach Entfernung des Zahnes 28 vor mehreren Jahren ist denkbar. Eine MAV wurde zwar anamnestisch nicht beschrieben und war auch nicht nachweisbar, was aber eine okkulte MAV nicht ausschließt. Eine für die Sinusitis wirksame Pathologie im Bereich der ehemaligen Alveole regio 28 erscheint in Anbetracht klinisch dort blander Schleimhautverhältnisse unwahrscheinlich. Differenzialdiagnostisch kann aber auch eine ätiologische Bedeutung des endodontisch behandelten Zahns 27 nicht aus- geschlossen werden, auch wenn periapikal keine eindeutige Pathologie erkennbar ist. Bei der durchgeführten Therapie bleibt die Indikation des osteo- plastischen Zugangs unklar, da kein pathologischer Befund vorlag, der nur auf diesem Weg erreichbar war. Eine Revision der ehemaligen Alveole 28 kann über einen kleinen lokalen Zugang erfolgen und erfordert nicht die für den Patienten belastende Darstellung der fazialen Kieferhöhlenwand mit osteo- plastischem Zugang. Die Wiederherstellung der Drainage zum mittleren Nasengang, allenfalls ergänzt durch Entfernung der das Ostium blockierenden verdickten Schleimhaut, ist in einem solchen Fall ausreichend. Die beschriebene Ausräumung der Kieferhöhle ist nicht erforderlich und kann bei Traumatisierung der Kieferhöhlenwände zu den unerwünschten Spätfolgen der früher gebräuchlichen OP-Verfahren führen. Da eine MAV nicht vorlag, ist auch die Indikation für die beschriebene Mobilisation des Bichat-Fettkörpers nicht klar, was analog für das Platelet-rich Fibrin gilt. Eine perioperative Antibiotika-Therapie ist in Über- einstimmung mit der mehrfach zitierten Leitlinie zur Rhinosinusitis auch nach unserer Erfahrung von über 400 Patienten mit functional endocopic sinus surgery (FESS) nur bei Ausbreitungs- tendenz oder immunkompromittierten Patienten erforderlich. Postoperativ besteht für die Anwendung topischer Kortikosteroide bei der odontogenen Sinusitis maxillaris keine Evidenz, diese Therapie ist vor allem der chronischen Rhinosinusitis mit Nasen- polypen vorbehalten. Notwendig nach Chirurgie im mittleren Nasengang ist jedoch eine Nachsorge mit Reinigung des mittle- ren Nasengangs, in der Regel endoskopisch assistiert [Wigand, 1989]. Diese lokale Nachsorge wird nicht beschrieben. Der beschriebene sechswöchige Zeitraum bis zur Beschwerdefreiheit erscheint lang. Patienten nach FESS ohne osteoplastischen Zu- gang haben in der Regel keine Schwellung der Wange und sind nach unserer Erfahrung nach Entfernung der Nasentamponade beschwerdefrei. Im weiteren Verlauf kann die Beurteilung der Abheilung ohne Belastung des Patienten endonasal mit der flexiblen oder starren Optik erfolgen (Abbildungen rechts), eine Evidenz für die Not- wendigkeit einer CT-Kontrolle mit Strahlenbelastung der Linse besteht nicht. Wir sind den Autoren dankbar dafür, dass sie mit ihrem Beitrag das Umdenken in der Chirurgie der odontogen erkrankten Kiefer- höhle mit Orientierung an pathophysiologischen Gegebenheiten und mit Einsatz moderner, schonender endokopisch-assistierter OP-Verfahren thematisieren. Dieses Umdenken ist uns seit längerer Zeit ein großes Anliegen und wird durch Publikationen [Reinert und Lindorf, 2012] und durch Kurse zur endoskopisch assistierten Chirurgie unterstützt, da die endoskopischen Tech- niken eine besondere Übung erfordern. Die Autoren betrachten zu recht die Ursachensanierung und die Wiederherstellung der physiologischen Drainage der Kiefer- höhle als wichtigste Säulen einer erfolgreichen Therapie der odontogenen Sinusitis maxillaris. Hierbei sollten die Indikationen für jegliche Zugänge über die faziale Kieferhölenwand jedoch kritisch hinterfragt werden. Ein entsprechender Algorithmus Fotos: Reinert und Krimmel, 2014 Abb. 1: Chronische Sinusitis maxillaris links: a) Nach Infundibulotomie besteht Einblick durch das Ostium maxillare in die linke Kieferhöhle (S = Sinus maxillaris). b) Endoskopischer Befund nach sechs Monaten mit Blick in die linke Kieferhöhle durch das offene Ostium maxillare mit reizlosen Schleimhautverhältnissen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=