Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (127) WENIG INVASIV THERAPIEREN PD Dr. Dr. Matthias Tröltzsch zum Leserbrief von Prof. Dr. Dr. Reinert und Prof. Dr. Dr. Krimmel Wir danken Ihnen für den ausführlichen Kommentar zu unserem Patientenfall. Durch Ihre Ausführungen wird die Komplexität des vermeintlich „einfachen“ Krankheitsbildes der odontogenen Sinusitis maxillaris noch einmal verdeutlicht. Die Durchführung der Therapie ist technisch schwierig und bedarf umfassender klinischer und operativer Erfahrung. Dank Ihrer Publikations- und Fortbildungstätigkeit wurden die Techniken der wenig invasiven funktionellen endoskopisch assistierten Nasenneben- höhlenchirurgie ein Teil des mund-, kiefer-, und gesichts- chirurgischen Operationsrepertoires. Wir möchten kurz auf die zentralen Aspekte Ihres Leserbriefs eingehen. In der Kasuistik wurde eine okkulte Mund-Antrum- Verbindung (MAV) regio 28 als Ursache der odontogenen Sinusitis maxillaris vermutet. Der Zahn 27 wies eine korrekte Wurzelkanalfüllung auf. Eine apikale Pathologie konnte weder im Orthopantomogramm noch im präoperativ angefertigten Computertomogramm ausgemacht werden. Der Patient lehnte die Entfernung des Zahns 27 ab und bestand auf der intraoperativen, endoskopisch assistierten Exploration und gegebenenfalls der Behebung einer apikalen Pathologie unter Zahnerhalt. Dies er- schwerte die Operationsplanung aus unterschiedlichen Gründen. Schlussendlich wurde ein osteoplastischer Zugang aus Gründen der Übersicht und Erreichbarkeit der Strukturen im Bereich des Kieferhöhlenbodens als geeignet angesehen. Dank Ihres Leserbriefs wird nochmals klar, dass die Wahl des operativen Zugangs keineswegs trivial ist und gerade der osteoplastische Zugang Sonderindikationen vorbehalten sein sollte [Reinert und Krimmel, 2014]. Das Débridement im Bereich der Kieferhöhle sollte, wie von Ihnen angemerkt, sehr zurückhaltend vorgenommen werden, um die bekannten langfristigen Probleme der Radikaloperationen der Kieferhöhle zu vermeiden. Daher ist der Begriff „Ausräumung“ sicherlich nicht optimal gewählt. Die nicht knöchern konsolidierte Alveole regio 28 stellte sich nach Entfernung des Granulationsgewebes (histologisch: Granulations- gewebe mit umfassendem entzündlichem Infiltrat) als MAV heraus und wies einen Durchmesser von circa 1,5 cm auf. Auf- grund von Narbenzügen im Bereich des vestibulären Muko- periosts nach Voroperation mit mutmaßlich eingeschränkter Lappenperfusion wurde der mehrschichtige Verschluss der aus- gedehnten MAV unter Verwendung eines Wangenfettlappens in diesem Revisionsfall als sicherer angesehen [Visscher et al., 2011]. Allerdings kann es bei dieser Technik zu spezifischen Komplikationen kommen, die ihren Einsatz nur für Spezial- indikationen limitiert. Um den Rahmen eines Fallberichts nicht zu überdehnen, wurde auf die dezidierte lokale Wundnachsorge im Bereich der Nase nicht eingegangen. Der Zeitraum bis zur vollkommenen Beschwerdefreiheit bezog sich auf die subjektiven Angaben des Patienten. Dabei bestehen sicherlich erhebliche Unterschiede. Wir danken Ihnen für die Klarstellung, dass bei Eingriffen, die sich auf das Infundibulum beschränken, nur eine minimale perioperative Morbidität zu erwarten ist. Ziel der Publikation eines nicht alltäglichen Falls von odontogen bedingter Sinusitis maxillaris, ethmoidalis anterior und frontalis linksseitig war es, dieses Krankheitsbild auch bei unklaren klinischen und radiologischen Zeichen in die Überlegungen der praktizierenden Zahnärztinnen und Zahnärzte mit einzubeziehen. Gerade die okkulte MAV ist ein wenig bekanntes und sicherlich nur schwer diagnostizierbares Krankheitsbild. Betroffene Patien- ten suchen in erster Linie in der Zahnarztpraxis Rat und Hilfe. Die Kenntnis der beschriebenen Pathophysiologie kann hilfreich sein und mehrjährige, quälende Krankengeschichten wie im vorgestellten Patientenfall vermeiden. PD Dr. med. Dr. med. dent. Matthias Tröltzsch, Ansbach Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahr- ende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu ver- öffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Behrenstraße 42, 10117 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. ANTWORT DER AUTOREN wurde von unserer Arbeitsgruppe vorgestellt [Reinert und Krimmel, 2014]. Besteht demnach keine klare Indikation für einen osteo- plastischen Zugang über die faziale Kieferhöhlenwand, kann sich das operative Vorgehen zum Wohle des Patienten auf die Wiederherstellung der Drainage der Kieferhöhle beschränken. Die perioperative und postperative Therapie beziehungsweise Nachsorge sollte sich an der aktuellen Leitlinie zur odontogenen Sinusitis maxillaris orientieren [Krimmel, 2019], die Daten der im Beitrag mehrmals zitierten S2k-Leitlinie zur Rhinosinusitis sind nur bedingt auf die odontogene Sinusitis übertragbar. Es wäre zu wünschen, wenn durch diesen wissenschaftlichen Austausch die modernen endoskopischen Techniken mit ihren Vorteilen für den Patienten eine weitere Förderung erfahren würden. Prof. Dr. Dr. Siegmar Reinert, Tübingen, Prof. Dr. Dr. Michael Krimmel, Tübingen LESERFORUM | 09

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