Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 4

zm 111, Nr. 4, 16.2.2021, (246) senen Impfstoffen realistischerweise mittelfristig erwarten können. Diese unzureichende Kommunikation ist auch ein Grund für die derzeit noch fehlende Impfbereitschaft bei einem nicht kleinen Teil der Bevölke- rung. In den USA diskutiert man intensiv geeignete Kommunikations- strategien in Zeiten von COVID-19 in führenden medizinischen Fachzeit- schriften, wie beispielsweise dem New England Journal of Medicine, und das Resümee lautet immer wie- der: Wenn es uns nicht gelingt, den Stand des Wissens in der Kommuni- kation authentisch und realistisch darzustellen, dann wird es uns auch nicht gelingen, die Impfbereitschaft so zu steigern, dass wir damit erfolg- reich die Pandemie eindämmen können. Sie haben wiederholt auch Intransparenz vonseiten der EU und der Impfstoffhersteller kritisiert. Die Hersteller haben sehr viel öffent- liches Geld für die Erforschung und Entwicklung ihrer Impfstoffe erhalten. Dennoch gibt es viel Intransparenz rund um die Verträge, die die EU mit den Herstellern abgeschlossen hat. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, mit wem welche Verträge abgeschlossen wurden. 39 Organisa- tionen auf EU-Ebene, darunter auch Vertreter der Patienten und Ärzte- schaft in Brüssel, haben wiederholt gefordert, dass man größtmögliche Transparenz herstellt. Das Gegenteil ist eingetreten – die Dinge wurden weitgehend hinter verschlossenen Türen verhandelt. Zum Abschluss vielleicht noch etwas Positives: Die Pandemie hat zu einer beispiellosen Mobilisierung von Ressourcen für die medizinische Forschung geführt. Kann das einen techno- logischen Schub auslösen und zu schnelleren Fortschritten bei der Bekämpfung anderer Erkrankungen wie beispielsweise Krebs führen? Beeindruckend an der gegenwärtigen Entwicklung ist tatsächlich die schnelle Verfügbarkeit wirksamer Impfstoffe gegen SARS-CoV-2. Ver- antwortlich hierfür sind vor allem die sehr rasche molekularbiologische Sequenzierung von SARS-CoV-2 An- fang 2020, die zuvor bereits er- probten Technologieplattformen für die Produktion von mRNA-Impf- stoffen sowie die Beschleunigung der Zulassungsverfahren – das sogenannte „Rolling Review“ – bei der EMA. Was die Aussichten bei der Krebs- bekämpfung betrifft, muss ich die Erwartungen leider wieder etwas dämpfen. Die beiden BioNTech- Gründer hatten ja zunächst an einem Impfstoff gegen Krebs geforscht und waren damit bisher nicht erfolgreich. Die Pandemie bot die Chance, die mRNA-Technologie auf ein ver- gleichsweise leicht zu attackierendes Angriffsziel wie das Spike-Protein des SARS-CoV-2 anzuwenden. Bei Krebs- erkrankungen sind die Verhältnisse durch unzählige Mutationen in den Krebszellen weit komplexer. Hierfür einen Impfstoff zu entwickeln, ist eine ungleich größere Herausforde- rung an die Forschung. Ich sehe leider nicht, dass wir Krebserkrankungen mit einer solchen Technologie in absehbarer Zeit wirksam behandeln können. Das Gespräch führte Benn Roolf. Foto: zm-br Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig im Videointerview mit zm-Redakteur Benn Roolf am 22. Januar 2021 16 | MEDIZIN

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