Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 4
zm 111, Nr. 4, 16.2.2021, (260) eine sehr hohe Effektstärke zugunsten der Interventionsgruppe festgestellt werden (Per-Protokoll-Analyse, Odds Ratio 0,35; 95 Prozent; VB: 0,18 bis 0,66; P=0,001; 241 Patienten mit 440 Beobachtungen nach sechs beziehungs- weise zwölf Monaten). Karieswerte Die extrem hohe Kariesaktivität mit circa zwei neuen kariösen Zähnen pro Jahr wurde im Studienjahr nach der Narkose auf ein Viertel dieses Werts gesenkt (Mittel: 0,5 dt). Nach der zahnärztlichen Narkosesanierung waren von den 20 Milchzähnen im Mittel knapp zehn Zähne durch Extraktionen, Füllungen oder Stahl- kronen versorgt (Abbildung 4). Mehrheitlich wurden sehr stabile und sichere Versorgungen wie Stahlkro- nen und Extraktionen gewählt. Dies lag im Interesse der Patienten und deren Eltern, da jede Neuerkrankung bei diesen kleinen und gering koope- rativen Kindern zu einer erneuten Narkose führen kann. Zusammen mit den deutlichen Mundhygiene- verbesserungen gab es dadurch einen wesentlich geringeren Zuwachs an kariösen Initialläsionen oder Defekten bei den Probanden der Interventions- und der Kontrollgruppe. Die minima- len Karieszuwächse von circa einem halben Zahn beziehungsweise einer Fläche mit kariösen Defekt und einem initialkariösen Zahn mit einer beteiligten Fläche bei der Abschluss- untersuchung nach einem Jahr fielen tendenziell günstiger für die Inter- ventionsgruppe aus, verfehlten aller- dings die statistische Signifikanz. Die Hinzunahme von initialkariösen Läsionen (is) zu den kariösen Defek- ten, Füllungen oder fehlenden Zahn- flächen (dmfs) ermöglicht ein diffe- renzierteres Bild (Abbildung 5): Der Unterschied beim idmfs zwischen den Gruppen betrug –1,0 Flächen zu- gunsten der Testgruppe (Per-Proto- koll-Analyse, 95 Prozent, VB: – 3,3 bis 1,2; P=0,363), allerdings wird wieder die statistische Signifikanz verfehlt. ZUKÜNFTIGE PERSPEKTIVEN Die vorliegende Studie zeigt, dass auch bei der sehr begrenzten Risiko- gruppe von kleinen Kindern mit sehr hohen Karieswerten, die einer Narkosesanierung bedürfen, deut- liche Verbesserungen bei der Mund- hygiene durch eine Intensivprophy- laxe zu erzielen und mittelfristig zu halten sind. Daraus können sich po- sitive Auswirkungen auf den zukünf- tigen Karieszuwachs und die Höhe der zahnärztlichen Restaurationskosten ergeben. Die Intensivprophylaxe für Kinder in dieser Kariesrisikogruppe unterstützt die Wende von der restaurativen zur präventiven kassenzahnärztlichen Versorgung, die schon in der per- manenten Dentition bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland erkennbar deutliche Kariesreduktionen bewirkt hat. Die Eltern der Kinder zeigten großes Interesse an der neuen Versorgungs- form. Es gab kaum Nichteinwilligun- gen für die Studie, allerdings bestand manchmal eine Sprachbarriere bei Eltern ausländischer Herkunft. Die Übersetzungen der Patientenaufklä- rung und der Einwilligung in Fremd- sprachen wie Arabisch, Englisch und Kurdisch haben hier allerdings ge- PD DR. MOHAMMAD ALKILZY Präventive Zahnmedizin und Kinderzahn- heilkunde, Universitätsmedizin Greifswald Fleischmannstr. 42–44, 17475 Greifswald Foto: privat ZA ROGER BASNER Präventive Zahnmedizin und Kinderzahn- heilkunde, Universitätsmedizin Greifswald Fleischmannstr. 42–44, 17475 Greifswald Foto: privat Quelle: Splieth, Alkilzy, Basner, Schmoeckel, Schwahn Abb. 2: Entwicklung des Plaquebefalls (API) für Interventions- und Kontrollgruppe bei der Ausgangsuntersuchung und bei der Kontrolle nach sechs und zwölf Monaten Quelle: Splieth, Alkilzy, Basner, Schmoeckel, Schwahn Abb. 3: Entwicklung des Zahnfleischblutens/Gingivitis (SBI) von Interventions- und Kontrollgruppe bei der Ausgangsuntersuchung und bei der Halbjahres- sowie Jahreskontrolle 30 | ZAHNMEDIZIN
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