Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 4
zm 111, Nr. 4, 16.2.2021, (306) V iel Unsicherheit in den Praxen, viele offene Fragen und gene- rell ein Gefühl, dass für den Zahnarztsektor in Großbritannien eine neue Zeitrechnung begonnen hat – wenige Wochen, nachdem das Königreich endgültig die EU verlas- sen hat, beginnt man in den Praxen, Universitäten und Berufsverbänden auf der Insel zu sondieren, was der Brexit ganz konkret für die Zukunft der Zahnmedizin in Großbritannien bedeuten wird. „Was die derzeitige Lage besonders schwierig für uns macht, ist die Kombination aus Brexit und der COVID-19-Pandemie“, so der Lon- doner Zahnarzt Dr. Michael Wilson gegenüber den zm. Wilson praktiziert seit über 20 Jahren in einer Praxis im Süden Londons. Was der Brexit konkret für die Zukunft seiner und aller anderen Praxen bedeuten wird – Wilson ist optimistisch, dass letztlich „alles okay“ sein werde, so der Zahn- mediziner. VIELE FRAGEN BLEIBEN WEITERHIN OFFEN Zwar konnten sich Brüssel und Lon- don – quasi im letzten Moment – am Heiligabend auf ein Brexit- Abkommen („Trade and Corporation Agreement, TCA“) einigen. Allerdings bleiben viele Fragen, die wichtig sind für den britischen und den europäischen Zahnarztsektor, weiter- hin offen. „Da muss noch viel nach- verhandelt und geklärt werden“, so ein Sprecher des Londoner Gesund- heitsministeriums. „Aber wir sind auf einem guten Weg.“ Stichwort Anerkennung von beruf- lichen Qualifikationen: Rund 17 Pro- zent der rund 41.000 im britischen Zahnarztsektor praktizierenden Zahn- mediziner haben eine Zulassung, die auf Basis von Qualifikationen beruht, die innerhalb der EU erworben wur- den. In dieser Zahl enthalten sind auch britische Kolleginnen und Kollegen, die einst ihre beruflichen Qualifikationen in der EU erwarben, jetzt aber im staatlichen britischen Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS) oder in britischen Pri- vatpraxen praktizieren. Frisch qualifizierte Zahnmediziner aus der EU- und aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EEA) müssen sich laut britischem Zahnärzteverband (British Dental Association, BDA) zunächst keine Sorgen machen, soll- ten sie sich für einen Job in Groß- britannien entscheiden. Der britische General Dental Council (GDC), ein Organ der zahnärztlichen Selbst- verwaltung, wird nach eigenen An- gaben EU- und EEA-Qualifikationen für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren anerkennen. Bis dahin, so hofft man in London, werde eine langfristige, neue Lösung gefunden. Erste Gespräche zwischen London und Brüssel sind bereits in Vorbereitung. Eine Einigung ist für die Briten dabei „überlebenswichtig“, denn: „Ohne EU-Talente gingen gerade in der staatlichen Zahnmedizin schnell die Lichter aus“, so ein anderer Londoner Zahnarzt, der lieber anonym bleiben möchte. In seiner Praxis im Londoner Westend kommt die Mehrzahl der Praxismitarbeiterinnen und -mitar- beiter aus anderen EU-Ländern – auch und gerade bei den Praxisteams ist der Anteil der EU-Ausländer hoch. OHNE EU-ZAHNÄRZTE GÄBE ES GROßE LÜCKEN Auch wichtig zu wissen: Private zahnärztliche Versorgungsangebote sind in den vergangenen Jahren in Foto: AdobeStock_jpgon NACH DEM BREXIT Was erwartet Zahnärzte aus der EU jetzt in Großbritannien? Arndt Striegler Zahnärztinnen und Zahnärzte aus der EU müssen sich zunächst keine Sorgen machen, sollten sie sich jetzt für einen Job in Großbritannien entscheiden. Für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren werden EU-Qualifikationen weiterhin anerkannt. Doch nach 2022 dürften Zulassungen schwieriger, komplizierter und aufwendiger werden. Auch für Zahnmedizinstudierende aus der EU brechen auf der Insel unsichere Zeiten an.
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