Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 4

zm 111, Nr. 4, 16.2.2021, (309) DR. MED. DENT. NINA WAGENKNECHT Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum RWTH Aachen Pauwelsstr. 30, 52074 Aachen Foto: privat Abb. 3: CT Mittelgesicht, sagittale Ebene, Knochen- fenster: Markiert ist die maximale Defektausdehnung frontodorsal (circa 2,6 cm) im Hartgaumen. Foto: Evgeny Goloborodko Quelle: Katharina Lindemann-Docter Abb. 4: HE-Färbung 20x Vergrößerung: Pfeilmarkierung: A: Eosinophile Granulozyten (rötlich-orange Zellen) = floride Entzündung; B: Lymphozyteneinreicherung = chronische Entzündung. phasenweise nachts so stark, dass er die Wäsche wechseln müsse. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich ein altersentsprechendes, jedoch sanierungsbedürftiges Gebiss und eine circa 1 cm x 0,5 cm große, glatt begrenzte Perforation im hinte- ren Drittel des Hartgaumens, ohne Anhalt für frische Blutung. Bei der Nasenspiegelung ließ sich ebenfalls keine frische Blutung feststellen, doch es bestand eine fortgeschrittene Destruktion im Bereich vom Nasen- septum und der Nasenmuscheln beidseits. Die sichtbaren Schleimhäute intranasal waren gerötet, verkrustet und fibrinbelegt. Die regionalen Lymphknoten waren indolent und nicht vergrößert. Differenzialdiagnos- tisch kamen primär folgende Zustände infrage: sinunasales Karzinom, Schleimhaut- und Drüsen-assoziierte Malignome, extranodales Lymphom, M. Wegener, Lues oder Drogenmiss- brauch. DIAGNOSTIK, BEHANDLUNG UND KLINISCHER VERLAUF Es folgten eine Blutabnahme mit Routinelabor und Serologie (Lues, HIV, Hepatitis C) sowie eine Alginat- abformung zur Herstellung einer Tief- ziehschiene. Der Patient wurde zur weiteren Planung und Schienen- eingliederung am Folgetag einbe- stellt. Nach einer raschen CT-Unter- suchung mit Kontrastmittel Kopf/ Hals (Abbildungen 1 bis 3) erfolgte eine endoskopische Rhinoskopie mit bioptischer Sicherung in ITN unter stationären Bedingungen. CT-Befund Kopf/Hals: Weichteil-dichte Raumforderung im Bereich der links- seitigen Ethmoidalzellen, vollständige Verlegung des Sinus frontalis links so- wie teilweise Verlegung rechtsseitig; zirkuläre Schleimhautschwellung in beiden Sinus maxillaris bei ausge- dehnter Destruktion von Nasensep- tum, Nasenmuscheln, der medialen Sinuswände und des Hartgaumens sowie subtotal verlegte linke Mastoid- zellen bei regelrechter Belüftung vom Mittelohr beiderseits. Aufgrund einer starken lokalen Ent- zündungsreaktion kam es intraopera- tiv zur mäßigen diffusen Blutung, die mit einer Salbentamponade gut ge- stillt werden konnte. Die Tamponade konnte am zweiten postoperativen Tag entfernt und der Patient nach- blutungsfrei bis zur Besprechung des histopathologischen Befunds entlas- sen werden. Bei der Besprechung am zehnten postoperativen Tag war der Patient beschwerdefrei. Eine orale Ernährung war mit der Tiefziehschiene suffizient möglich. Die histologische Unter- suchung von mehreren intranasalen Proben ergab keinen Anhalt für eine solide Neoplasie oder für ein Lymphom. Es zeigte sich eine teils chronische, teils fokal floride Entzün- dung mit Ulzeration und Nekrosen, außerdem eine deutliche Eosinophile. Granulome oder eine eindeutige Vas- kulitis lagen nicht vor (Abbildung 4). Bei negativer Infektionsserologie, un- auffälligen Routinelaborwerten (nur leichter CRP-Anstieg 32,5mg/l – Norm < 5mg/l) und einem hochgra- digen klinischen und histologischen Verdacht auf M. Wegener wurde der Patient zunächst in die heimatnahe Klinik für internistische Rheumatolo- gie zur weiteren Abklärung und syste- mischen Therapie überwiesen. Der chirurgische Defektverschluss mittels Palatoplastik wurde in Rücksprache mit den internistischen Kollegen nach Einleitung der Remissions- induktion und Ausschleichen der A B ZAHNMEDIZIN | 79

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