Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 5
zm 111, Nr. 5, 1.3.2021, (370) DVT als auch die MRT gilt jedoch gleichermaßen, dass Okklusalflächen nicht genau genug dargestellt werden, um eine zahngetragene schablonen- geführte Implantatpositionierung zu gewährleisten. In einer aktuellen In- vivo-Studie zeigen Hilgenfeld und Kollegen, dass Zahnoberflächen in der MRT hinreichend präzise dargestellt werden, um eine Überlagerung mit scanbasierten virtuellen Modellen zu ermöglichen, was als Grundvoraus- setzung für die schablonengestützte Implantatchirurgie gilt [Flügge et al., 2017; Hilgenfeld et al., 2019]. Neben der mittlerweile qualitativ und quantitativ guten und strahlenfreien Darstellungsmöglichkeit von Knochen ermöglichen MRT-Scans aufgrund ihres überragenden Weichgewebe- kontrasts auch einen diagnostischen Mehrwert gegenüber DVT und CT. Dadurch ist es etwa möglich, Mukosa oder Gingiva, neurovaskuläre Struk- turen wie insbesondere den Nervus alveolaris inferior oder die Zahnpulpa direkt sichtbar zu machen [Assaf et al., 2015; Agbaje et al., 2017; Probst et al., 2017; Hilgenfeld et al., 2018; Burian et al., 2019]. WORKFLOW MRT-Geräte mit hoher Feldstärke wie 3 Tesla bieten sich an, um hohe Auf- lösungen und ein geeignetes Signal- Rausch-Verhältnis bei kurzen Unter- suchungszeiten zu gewährleisten. Alternativ können 1,5-Tesla-Geräte unter Verwendung geeigneter Spulen eingesetzt werden. Standard-Kopf-Hals- Spulen, die das Magnetfeld optimie- ren, kommen bereits heute zur Dar- stellung des Gesichtsschädelbereichs in der klinischen Routine zum Ein- satz. Mittlerweile sind auch Dental- Spulen verfügbar, die auf die Bild- gebung in der Zahnmedizin und im MKG-Bereich spezialisiert sind [Sedlacik et al., 2016]. Einen Schritt weiter gehen intraorale Spulensysteme [Ludwig et al., 2016; Flügge et al., 2021]. Zur Knochendarstellung eignen sich unterschiedliche MRT-Protokolle mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen. Diesen Protokollen ist prinzipiell zu eigen, dass Sie kurze beziehungsweise ultrakurze Echozeiten nutzen und so- mit Gewebetypen wie Knochen oder Zahnhartsubstanz darstellen. Dabei sind derzeit in der klinischen Anwen- dung isotrope Auflösungen von 0,3 bis 0,6 mm möglich [Flügge et al., 2020; Flügge et al., 2020; Hilgenfeld et al., 2020; Probst et al., 2020] (Ab- bildung 1). Die MRT-Scanzeiten kön- nen aktuell bis in den Bereich von etwa drei Minuten reduziert werden [Probst et al., 2020]. Zudem existieren unterschiedliche Sequenzprotokolle, um metallische Artefakte, sogenannte Suszeptibilitätsartefakte, zu verringern [Hilgenfeld et al., 2017; Probst et al., 2017]. Als Vorbereitung für die MRT- Aufnahme werden Kunststoffschablo- nen beispielsweise in Tiefziehtechnik angefertigt und kurz vor der MRT- Aufnahme mit einem Material be- füllt, das lokal die Kontrastierung der Zahnoberflächen verbessert. Im An- schluss werden die Schablonen mit dem kontrastierenden Material wäh- rend der MRT-Aufnahme getragen [Hilgenfeld et al., 2019; Probst et al., 2020]. Feste Materialien wie beispiels- weise thermoplastisches Abform- material (Hydrokolloid) eignen sich nach Auffassung der Autoren besser als flüssige oder zähflüssige Materia- lien (Wasser, Säfte oder Zahnpasta). Bei der MRT-Untersuchung werden – wie bei CT oder DVT – Daten im DICOM-Format bereitgestellt und können in gängige Implantatpro- gramme wie coDiagnostiX ® (Dental Wings) oder Implant Studio ® (3Shape) importiert werden. Analog zur DVT- Planung werden zusätzlich hochauf- lösende Datensätze der Zahnober- flächen im STL-Format importiert, die direkt über Intraoralscans oder in- direkt mittels Modellscan akquiriert wurden. Die MRT-Daten werden an- schließend mit dem Oberflächenscan der Zähne koregistriert. Dabei wird die Ausrichtung des Oberflächenscans in der koronalen, der axialen und der sagittalen Ebene mithilfe von Trans- lations- und Rotationswerkzeugen op- timiert. Das Ergebnis ist ein „Hybrid- Modell“, bestehend aus einem hoch- präzisen Scan der Zahnoberflächen und der MRT (Abbildung 2). Anschließend kann die Implantat- positionierung entsprechend den prothetischen Anforderungen, dem sogenannten „Backward Planning“, und unter Berücksichtigung der anatomischen Situation festgelegt werden (Abbildung 3). In der Seiten- zahnregion des Unterkiefers kann im Gegensatz zur DVT der Verlauf des Nerven-Gefäßbündels (Nervus alveolaris inferior) eindeutig und direkt visualisiert werden [Probst et al., 2017; Burian et al., 2019; Probst et al., 2020], was einen gewissen Sicher- heitsaspekt beinhaltet [Agbaje et al., 2017] (Abbildung 4). Nach der CAD-Konstruktion einer Bohrschablone werden die generier- ten STL-Daten für den 3-D-Druck bereitgestellt (Abbildung 5). Mithilfe der Bohrschablone kann dann eine vollständig geführte Bohrsequenz ent- sprechend den Spezifikationen des Implantatherstellers durchgeführt werden (Abbildung 5). Zur Qualitäts- kontrolle ist es möglich, die tatsäch- lich resultierende Implantatposition mit der computergestützt geplanten Position zu vergleichen (Abbildung 6). DR. MED. DENT. MARIA JULIANE STUMBAUM Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, Klinikum der Ludwig-Maximilians- Universität (LMU) München Goethestr. 70, 80336 München Foto: LMU Abb. 3: Planung der Implantatposition im Sinne eines „Backward Planning“ Quelle: Josef Schweiger 36 | ZAHNMEDIZIN
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